Meinung Wahl wird zur Posse

Nach der Wahl ist vor der Wahl. Dieser Satz gilt ganz besonders für die des österreichischen Staatspräsidenten. Nach etlichen Pannen, die gleichzeitig in Teilen Gesetzesverstöße waren, musste die erste Stichwahl vom Mai laut Urteil des österreichischen Verfassungsgerichtshofs annulliert werden.

Ein einmaliger Vorgang in der Geschichte der Alpenrepublik. Nun gerät die Wiederholung der Stichwahl wegen fehlerhafter Wahlkarten zur Posse. Der Kleber ist bei manchen untauglich, so dass die Briefe aufgehen können.

Zeit für Verschwörungstheorien. Der rechtspopulistische Kandidat Norbert Hofer (FPÖ) nutzte am Wochenende den Auftakt seines Bundespräsidentschaftswahlkampfes in Wels dazu, der verantwortlichen Verwaltung vorzuwerfen, die Wahl absichtlich zu verzögern und unterstellte ihr politische Motive. Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) habe mit Vertretern seiner Partei, der ÖVP, den Grünen und den Neos bereits in einem Hinterzimmer beschlossen, dass die Wahl verschoben wird. Er stellt dabei die Anschuldigung in den Raum, dass die politische Konkurrenz angesichts der aktuellen Flüchtlingsdebatte Zeit gewinnen möchte, um eine drohende Niederlage abzuwenden. Das ist eine gewagte Theorie, kommt aber nicht nur bei seinen Wählern an. Hofer hat in der Tat seit langem erfolgreich Proteststimmen eingesammelt. Der wachsende Unmut in der Wählerschaft ob der herrschenden Strukturen in Österreich könnte dem Rechtspopulisten tatsächlich in die Karten Spielen. Gegenkandidat Alexander van der Bellen (Grüne) hatte bei der ersten Wahl nur ganze 31 000 Stimmen mehr als Hofer.

Offensichtlich ist die Tatsache, dass sich Österreich international bis auf die Knochen blamiert hat und erneut nicht in der Lage ist, die Bundespräsidentenwahl ordnungsgemäß durchzuführen. Das Ganze ist teuer, 2,2 Millionen Euro wurden nach Schätzungen des Innenministeriums verbrannt — vor allem aber furchtbar peinlich.

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