Wahl in Bayern: Wie das Kaninchen vor der Schlange

Die Wahl in Bayern elektrisiert die Politik in Berlin

Bayern wählt, aber ganz Deutschland blickt auf Säulen und Diagramme. Diesen Eindruck erwecken die letzten Stunden vor der Entscheidung im Freistaat. Dabei wird in Bayern bayrisch gewählt. Das hat Tradition und deckt sich im Übrigen mit dem Wählerverhalten in NRW, Niedersachsen, Thüringen et cetera. Die Wähler wissen sehr wohl, dass es beträchtliche Unterschiede gibt zwischen dem, was im Landesparlament und dem, was im Bundestag entschieden wird. Wer es bisher nicht wusste, der wurde in Zeitungsartikeln oder TV-Beiträgen eingehend darüber aufgeklärt.

Deshalb ist es eine Überreaktion, dass die Bundesparteien auf den Urnengang an Isar und Donau starren — wie das Kaninchen auf die Schlange. Dennoch wird die Wahl in Bayern Auswirkungen auf das haben, was in der letzten Woche vor der Bundestagswahl noch geschieht, um Stimmen zu fangen.

Die FDP beispielsweise wird fortsetzen, was sie mit dem Besuch von Brüderle und Rösler bei Altkanzler Kohl begonnen hat. Wenn sie den Einzug in den Münchner Landtag verpasst, zündet sie mit großer Gewissheit die nächste Stufe ihrer Zweitstimmenkampagne zulasten der Union. Das dürfte der Kanzlerin nicht schmecken. Angela Merkel braucht ein gutes Wahlergebnis, um für den Fall eine starke Position zu haben, dass die FDP an der Fünf-Prozent-Hürde scheitert und sie mit der SPD über eine große oder mit den Grünen über eine „normale“ Koalition verhandeln muss.

Die Opposition im Bundestag hat es da im Umgang mit der politischen Landschaft im Freistaat deutlich leichter. Weit entfernt von einer Option auf Regierungsbeteiligung in dem Bundesland, gilt es vor allem für die SPD, möglichst viele der bisher Unentschlossenen für sich zu gewinnen. Dafür kann es nützlich sein, sich von der Ausschließeritis zu kurieren. Union, SPD, FDP und Grüne müssen grundsätzlich in der Lage sein, politisch zusammenzuarbeiten. Sonst lähmt sich die parlamentarische Demokratie selbst.

Eine große Koalition ist erfahrungsgemäß zwar gefährlich für den kleineren Partner. Aber weitere vier Jahre am Katzentisch im Bundestag tun der SPD sicher auch nicht gut. Dafür sind die vergangenen vier Jahre ein unumstößlicher Beweis.

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