Übernahme: Hochtief muss alleine kämpfen

Soll der Staat eingreifen, wenn ein Unternehmen von einem ausländischen Konkurrenten übernommen werden könnte? Diese Frage erhitzt im Fall Hochtief die Gemüter. Schließlich ist es kein angeschlagenes Unternehmen, das um Hilfe bittet.

Es ist ein kerngesunder Konzern - der letzte deutsche Bauriese, der dank seines Geschäftsmodells gut durch die Krise gekommen ist. Erfolgreich im Geschäft, aber an der Börse unterbewertet und damit leichte Beute für Angreifer.

Der aktuelle Angreifer ist der hochverschuldete spanische Bauriese ACS, immerhin schon mit 30 Prozent an Hochtief beteiligt. Gerade die Spanier, die ihren Baumarkt gegen ausländische Konkurrenz abgeschottet haben und die dank großzügiger EU-Infrastrukturmittel groß geworden sind, wollen sich nun mithilfe von Hochtief sanieren?

Für SPD-Chef Sigmar Gabriel ist der Fall klar: Das darf nicht sein. Publikumswirksam schlägt er sich auf die Seite des Vorstands und der Belegschaft und fordert ein Eingreifen der Bundesregierung. Da wollte wohl auch die Bundeskanzlerin nicht länger schweigen: Sie machte Hochtief gestern zur Chefsache und warnte vor einer Zerschlagung. Konkrete Hilfe indes bot sie bisher nicht an. Und dabei sollte es auch bleiben.

Noch immer gibt es zwar Länder, die ihre Unternehmen durch Zugriffe von außen schützen. Frankreich etwa wacht mit Argusaugen über seine Industrie-Perlen. Die spanische Regierung hatte dem Düsseldorfer Eon-Konzern einst die Übernahme des Energieriesen Endesa vereitelt. Doch Protektionismus hat am Markt nichts zu suchen. Und gerade Hochtief ist ein Konzern, der durch zahlreiche Übernahmen im Ausland erst groß und erfolgreich geworden ist.

Verständlich ist, dass die Mitarbeiter um ihre Arbeitsplätze fürchten. Doch man darf nun nicht dem einst willkommenen Großaktionär ACS vorwerfen, mehr vom Hochtief-Kuchen zu wollen als bisher. Das Versäumnis liegt beim Vorstand des deutschen Bauriesen. Ihm ist es nicht gelungen, den Konzern durch einen hohen Börsenwert vor Übernahmen zu schützen.

Ein politischer Vorstoß aus NRW ist aber bedenkenswert: In anderen Staaten der EU gibt es für vergleichbare Fälle schärfere aktienrechtliche Schutzvorschriften. Da könnte Deutschland eine Lücke im Gesetz schließen.

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