Kommentar Türkische Schulen wären normal – und doch verdächtig

Meinung | Berlin · Viele Länder haben Schulen im Ausland, auch Deutschland. Warum sollten der Türkei solche Einrichtungen also untersagt werden? Doch die deutschen Behörden müssen genau hinsehen.

 Die Deutsche Schule in Istanbul.

Die Deutsche Schule in Istanbul.

Foto: dpa/Can Merey

Die ersten Reaktionen sind fast so wie beim berühmten Pawlowschen Hund, dem man die Wurst hinhält: Die Türkei will in Deutschland drei türkische Schulen gründen, das darf doch wohl nicht wahr sein. Schreitet die religiöse und politische Unterwanderung durch Präsident Erdogan und seine Regierung also munter voran?

Der Verdacht, dass die Politik Ankaras weiter Fuß fassen soll in der großen türkischen Gemeinde hierzulande, liegt selbstverständlich nahe. Aus guten Gründen: In den letzten Jahren sind die Aktivitäten auf deutschem Boden massiv ausgeweitet worden, angefangen beim Einfluss auf Moscheen bis hin zu einem verstärkten, türkischen Medienangebot. Auch die Wahlkampfveranstaltungen Erdogans in Köln sowie die seiner Minister anderswo sind noch in guter Erinnerung. Und dass Deutschland politische Zielscheibe des Präsidenten ist, hat er ein ums andere Mal mit seinen verbalen Attacken bewiesen.

 Türkische Schulen in Deutschland müssen freibleiben von politischer Einflussnahme, meint Hagen Strauß.

Türkische Schulen in Deutschland müssen freibleiben von politischer Einflussnahme, meint Hagen Strauß.

Foto: nn

Die diplomatische Krise zwischen beiden Ländern liegt noch nicht lange zurück. Sie kann auch jederzeit wieder aufflammen angesichts der Politik des türkischen Präsidenten im eigenen Land, angesichts seiner Nähe zu Moskau und seines militärischen Gebarens mit Blick auf Syrien und Libyen.

Trotzdem gilt: Zunächst einmal ist es völlig normal, dass Länder in anderen Staaten Schulen errichten, die dann von privaten Trägern unterhalten werden. Deutschland selbst hat laut Auswärtigem Amt 20 entsprechende Bildungsabkommen abgeschlossen. Weltweit gibt es rund 140 anerkannte deutsche Schulen im Ausland, die meist einen sehr guten Ruf genießen. Auch in der Türkei. Zum Teil mit einem spezifischen Zweck, weil sie sich an das Botschaftspersonal und ihre Kinder richten. Hierzulande sind wiederum französische, britische oder andere internationale Einrichtungen selbstverständlich. Warum sollte man sie lediglich der Türkei verweigern?

Verdachtsmomente reichen da nicht aus. Objektiv gibt es keine Gründe. Denn auch die Vorgaben für solche Schulen sind eindeutig: Sie müssen deutschem Recht unterliegen und sich an die Bildungsgesetze der jeweiligen Bundesländer halten. Punkt.

Das durchzusetzen und regelmäßig zu überprüfen ist Aufgabe der Behörden. Sie müssen sicherstellen, dass die Einrichtungen von Anfang an frei bleiben von jeder ideologischer und politischer Einflussnahme des türkischen Staates. Das ist zwar schwierig, aber machbar. Wird sich daran gehalten, gut so. Wenn nicht, müssen Abkommen mit der Türkei notfalls wieder aufgekündigt und Schulen geschlossen werden. Ein paralleles Schulsystem darf es in Deutschland jedenfalls nicht geben.

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