Meinung Türkei: Kein Rechtsstaat, keine Auslieferung

Wirtschaftlich, politisch und militärisch wird man noch in etlichen Bereichen miteinander kooperieren können. Besser gesagt müssen. Aber auf einer Ebene muss die Zusammenarbeit mit der Türkei sofort und komplett enden: Im Justizwesen.



Der lange Arm von Erdogan darf nicht bis in deutsche Gerichtssäle reichen. Denn seit im türkischen Justizapparat eine Grundsäuberung gegen Andersdenkende erfolgt, kann er nicht mehr als unabhängig betrachtet werden. Er ist vielmehr das gleichgeschaltete, willfährige Instrument des Regimes geworden.

Also gilt das auch für jedes Auslieferungsersuchen, das nun von dort kommt, für jeden angeblichen Beweis, der nach Deutschland geschickt wird, um hier Kritiker der Erdogan-Partei AKP und Kurden zu verfolgen. Die letzten unabhängigen Richter, Verteidiger und Staatsanwälte wurden nach dem Putschversuch entlassen oder verhaftet. Nun herrscht pure Willkür. Folter in den Gefängnissen, die Beschlagnahme von Privatvermögen der Festgenommenen, wilde Verschwörungsvorwürfe. Und das alles ohne Beweise und ohne Gerichtsverfahren.

Kein Rechtsstaat, keine Auslieferung, das muss in Deutschland die Gleichung sein und bleiben. Sie gilt ja auch bei allen anderen Unrechtsregimen. Ohne rechtsstaatlich ermittelte und vorgetragene Beweise seitens der türkischen Behörden kann es aber auch keine Verfahren gegen angebliche Gülen-Anhänger oder sonstige Regimegegner in Deutschland selbst geben. Nicht einmal Ermittlungen. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat eine entsprechende Aufforderung des türkischen Generalkonsulats erfreulich schnell zurückgewiesen.

Genau das werde er selbstverständlich nicht machen. Diese klare Ansage sollten die zuständigen Bundesminister für Auswärtiges und Justiz auch den Staatsanwaltschaften der Länder übermitteln. Ende der Justizkooperation.

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