Sportunterricht ist nur noch ein Rand-Fach

Haben Sie schon einmal versucht, einen Grundschüler einen Ball fangen zu lassen? Ihn über eine Holzbank balancieren oder Seilspringen zu lassen? Nicht selten fehlen den Kindern die motorischen Grundfertigkeiten, um diese einfachen Aufgaben zu meistern.

Im Zeitalter von Computer, Spielekonsolen und allgegenwärtigen Fernsehgeräten ist Bewegung in der Turnhalle oder auf dem Bolzplatz fast schon ein antiquiertes Freizeitvergnügen. Dabei sind die Folgen verheerend: Nicht nur, dass Deutschlands Kinder immer dicker werden.

Studien zufolge leiden bereits 15 Prozent aller Jugendlichen unter ernsthaften gesundheitlichen Störungen. Vor diesem Hintergrund ist Kritik an der gemeinsamen Initiative von NRW-Schulministerin Barbara Sommer und Ex-Fußballprofi Rudi Völler kaum angebracht. Wollen sie doch die Schüler in NRW zu mehr Sport motivieren. Bei genauer Betrachtung doktern sie jedoch nur an einer hausgemachten Krankheit herum.

Seit Pisa wird die ganze Bildungslandschaft einer Generalüberholung unterzogen. Mit der Folge, dass kleinere Fächer an den Rand gedrängt werden. So ist auch der Sportunterricht nur noch auf dem Papier ein wichtiger Bestandteil des Lehrplans.

Unter Experten gilt er zwar als unverzichtbarer Beitrag für die körperliche, soziale, kognitive und auch emotionale Entwicklung. Tatsächlich findet aber nur jede dritte bis vierte Sportstunde überhaupt statt. Insbesondere in den Grundschulen unterrichten die Klassenlehrer oft auch Sport, obwohl sie in diesem Fach keinerlei Qualifikation besitzen.

Die Konsequenz: falsches Training, mit dem Haltungsschäden eher verschlimmert statt behoben werden. Neue Methoden oder moderne Sportarten wie Inline-Skaten oder die Fußballvariante Futsal finden so gut wie gar nicht statt. Da ist es nicht verwunderlich, dass vielen Schülern der Spaß am Sport genommen wird.

In der Pflicht stehen aber auch die Kommunen, denn die Sportanlagen vieler Schulen sind in einem katastrophalen Zustand. 20 Prozent aller Schulen haben zudem keine Möglichkeit, auf eine Schwimmhalle zurückzugreifen. Wer die Jugend gesundheitlich fit machen will, darf sich also mit punktuellen Projekten nicht begnügen. Denn eine Generation von "Couch Potatoes" kann niemand wollen.

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