Meinung Selbstfahrende Autos — da ist noch viel zu klären

Die ethischen Leitlinien der vom Verkehrsminister eingesetzten Expertenkommission zum automatisierten Fahren zeigen vor allem eines: wie notwendig es ist, sich zu diesem Thema Gedanken zu machen — bevor wir alle uns in großem Stil dieser Zukunft hingeben.

Meinung: Selbstfahrende Autos — da ist noch viel zu klären
Foto: Sergej Lepke

Gewiss, die Sache kann das Leben sicherer machen. Die meisten Unfälle gehen auf „menschliches Versagen“ zurück. Das könnte Vergangenheit sein. Und: Menschen, die wegen Alter oder Behinderung nicht mehr am Individualverkehr teilnehmen, wären wieder im Spiel. Für alle anderen wäre das Nicht-mehr-aufpassen-müssen im Verkehr Entlastung und Komfort.

Doch für diese „Selbstauslieferung des Menschen an seine technischen Artefakte“ (Zitat Ethik-Kommission), gäbe es ein Preisschild. Die digitale Steuerung des Straßenverkehrs wäre ein Schritt in die Abhängigkeit von einem weiteren vernetzten System. In einer Zeit, in dem diese Abhängigkeit ohnehin groß ist — von der Energieversorgung bis zum Gesundheitssystem. Hackerangriffe oder Systemausfälle — gegen all das wäre Vorsorge zu treffen.

Wichtig auch die Haftungsaspekte: Wird der Mensch ganz oder teilweise von der Steuerung der Vehikel ausgeschlossen, müssen nach einem Unfall andere zur Verantwortung gezogen werden. Aber wer ist das? Diejenigen, die die Programmierung der Fahrzeuge vorgenommen haben? Oder die, die für die Datenübertragung zuständig sind? Hier ist ein Berg von Fragen zu klären.

Und dann sind da noch die „Dilemmafälle“. Beispiel: Um einem Fußgänger auf der Fahrbahn auszuweichen, kann man das Auto nach links ziehen — hier läuft eine Frau mit Kind. Oder nach rechts — hier geht ein Rentner am Rollator. Bislang entscheidet der Fahrer. „Richtig“ kann er da kaum handeln, doch rechtlich kann der unter Druck stehende Fahrer entlastet sein. Demnächst soll ein Software-Programmierer mit kühlem Kopf im Vorhinein die Entscheidung treffen. Laut Ethik-Kommission darf es hier keine Vorfestlegung geben, ein Menschenleben darf nicht höher als das andere bewertet werden. Ein wichtiger Leitgedanke, aber: Soll der Programmierer hier den Zufallsgenerator bemühen?

Der Fortschritt, so viel ist klar, bedeutet neben manch einem Vorteil und grandiosen wirtschaftlichen Perspektiven, dass noch viele höchst komplizierte Fragen zu klären sind. Die Kommission hat der Gesellschaft hier wichtige Anstöße geliefert.

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