Griechenland Schrille Töne aus Athen

Kommentar Debatte um Reparationsforderungen

Griechenlands nicht mehr ganz so neuer Regierungschef Alexis Tsipras mag sich kürzlich bei seinem Antrittsbesuch in Berlin um politische Entspannung bemüht haben. Wirklich genützt hat die Begegnung mit Bundeskanzlerin Angela Merkel allerdings nicht. Dafür sprechen zwei Nachrichten von Dienstag aus Athen: Der griechische Verteidigungsminister Kammenos wirft Deutschland vor, sein Land politisch unterwerfen zu wollen. Und der stellvertretende griechische Finanzminister Mardas rechnet vor, dass Deutschland den Griechen noch 278,7 Milliarden Euro wegen der Gräueltaten der Nazis vor mehr als sieben Jahrzehnten schulde.

Ob Mardas wirklich glaubt, jenes Geld unter einer schrillen Begleitmusik wie der seines Kabinettskollegen eintreiben zu können? Man könnte auch anders fragen: Wer soll diese griechische Regierung eigentlich noch ernst nehmen? Mit wilden Vorwürfen und Beleidigungen wird man jedenfalls keinen Kompromiss beim heiklen Problem der Reparationen finden.

Tatsache ist, dass Hitlers Soldaten unendlich viel Leid in Griechenland angerichtet haben. Fest steht auch, dass Nazi-Deutschland den Griechen damals einen Kredit abgepresst hatte, der zwar nur einen Bruchteil der jetzt von Athen deklarierten Schuldsumme ausmachte, aber bis heute nicht zurückgezahlt worden ist. Darüber kann man, darüber muss man reden. Allerdings nicht nach dem Drehbuch der Tsipras-Regierung. Zumal dadurch der fatale Eindruck entstünde, dass Deutschland auch für die aktuell drohende Pleite Griechenlands verantwortlich ist.

Bislang wurde dort ein Schuldenberg von 320 Milliarden Euro angehäuft. Mit fast 279 Milliarden Euro aus Berlin, so die unterschwellige Botschaft, wäre Athen praktisch saniert. Doch so funktioniert Politik eben nicht. Das müssen auch Tsipras und seine Kabinettsriege begreifen. Griechenlands hausgemachte Finanzkrise und die braunen Schatten der Vergangenheit haben nichts miteinander zu tun. Das eine gegen das andere auszuspielen zeugt von einem erschreckenden Defizit an diplomatischem Geschick und ist nur geeignet, die politische Atmosphäre zwischen Athen und Berlin noch weiter zu vergiften.

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