Schafft das Ehegattensplitting ab

Steuerprivileg stiftet mehr Schaden als Nutzen

Etwa fünf Jahre haben Dutzende Forscher für die Bundesregierung untersucht, ob es mit der Familienpolitik in diesem Land gut läuft. Ob die rund 153 Milliarden Euro, um die es dabei geht, zielführend ausgegeben werden. Ein zentrales Ergebnis: das Ehegattensplitting taugt nichts.

Dieses Steuerprivileg aus den 1950er Jahren nutzt vor allem Einverdiener-Ehen mit hohem Einkommen. Es erreicht viele Familien nicht, weil es auch ohne Kinder gilt. Und es behindert die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, weil es sich für den verheirateten Zweitverdiener (in der Regel die Frau) wegen des Splittings nicht lohnt, am Erwerbsleben teilzunehmen.

Es mangelt also nicht an guten Gründen, an diesem Steuervorteil zu rütteln. Aber es geschieht nichts. Familienministerin Manuela Schwesig kennt das Gutachten seit einem halben Jahr. Aber von ihr kommt nichts. Auf Nachfragen antwortet die SPD-Politikerin ausweichend. Offensichtlich fehlt Schwesig für den Kampf gegen das Ehegattensplitting die Rückendeckung in der Partei.

Auf die Hilfe von SPD-Chef Sigmar Gabriel kann sie nicht zählen. Der Vizekanzler will keinen Streit in der Koalition. Und er ist davon überzeugt, dass sich mit einem Nein zum Ehegattensplitting keine Wahl gewinnen lässt. Entsprechende Erfahrungen haben die Grünen bereits 2013 gemacht.

Es bleibt also dabei, dass unser Steuerrecht das Heiraten fördert, das Kinderkriegen aber nicht. Und dass hochqualifizierte Frauen nicht oder nur in Teilzeit am Erwerbsleben teilnehmen, weil das Splitting die Anreize entsprechend setzt. Und dass der Steuervorteil an 3,4 Millionen Familien in diesem Land komplett vorbeigeht. Skandalös.

Wer zurückschaut, findet die Kritik am Ehegattensplitting als Dauerbrenner bei SPD und Grünen. Auch die Union hat sich an dem Thema versucht. Doch alle Gutachten und Studien blieben folgenlos. Tatsächlich lässt sich in Deutschland die Atomkraft müheloser beseitigen als das Ehegattensplitting, wie die „Zeit“ es treffend formulierte.

Dabei wäre es es ein Leichtes, auch Ehepartner individuell zu besteuern, so wie es bei unseren Nachbarn in Europa geschieht. Die Mehreinnahmen von einigen Milliarden Euro könnten gezielt zur Förderung von Familien ausgegeben werden.

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