Sarkozy nährt Hoffnungen in Nahost

Joachim Rogge kommentiert den Gründungsgipfel der Mittelmeerunion.

Frankreichs Diplomaten haben tatsächlich ein Kunststück fertiggebracht. Mit Ausnahme Gaddafis sämtliche Chefs der arabischen Welt an einem gemeinsamen Tisch mit dem israelischen Premier zu platzieren, hat in der Tat historischen Charakter.

Dass nun über Nacht im Nahen Osten der Frieden ausbricht, steht freilich nicht zu erwarten. Zu groß sind noch die Gräben, zu tief sitzen Misstrauen und Hass. Auch Präsident Nicolas Sarkozy wird nicht an einem Wochenende erreichen, woran sich wechselnde US-Präsidenten seit Jahren die Zähne ausbeißen. Fortschritt in Nahost bemisst sich nun einmal in Millimetern.

Mit seiner Einladung an sämtliche Akteure in einer der spannungsgeladensten Regionen der Welt ist Frankreichs Präsident ein hohes Risiko eingegangen. Ein Wagnis, das sich freilich lohnte. Sarkozy, oft bespöttelt und kritisiert wegen seiner Art, Politik aus dem Bauch zu machen, kann sich ans Revers heften, in Nahost die Bereitschaft zum Dialog zumindest ein Stück weit vorangetrieben zu haben.

Eine neue Nähe zwischen Beirut und Damaskus, neue Friedenshoffnungen zwischen Israel und den gemäßigten Palästinensern - das allein rechtfertigte den Aufwand dieses Gipfels. Die Mittelmeerunion - auch das ist nicht zu unterschätzen - bietet das Forum, auf dem sich Israel und die arabische Welt begegnen können. Ein wichtiger Schritt kann das sein auf dem Weg zu mehr Verständigung.

Dass auch Europa dabei weit mehr als bislang auf die Nachbarn auf der anderen Seite des Mittelmeers zugeht, sich dabei auch politisch mehr engagiert als bisher, ist überdies ein längst überfälliger Schritt. Allzu lange hatte Europa den Ländern am anderen Ufer des Bassins den Rücken zugekehrt. Selbst die alten Römer waren da schon einmal weiter.

Ob der neue Elan aus Paris indes weit trägt, muss sich noch zeigen. Der Barcelona-Prozess, Vorläufer der neuen Mittelmeerunion, war ähnlich ambitioniert angetreten, ehe er im Laufe der Zeit versandete. Das Kleinklein um Verfahrensfragen, das Hickhack um den Sitz des Sekretariats lassen schon jetzt befürchten, dass die pompöse Pariser Inszenierung am Ende wieder nur ein Strohfeuerchen war. Politisch wäre das angesichts der massiven sozialen und politischen Spannungen auf der anderen Seite des Mittelmeers fatal.

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