Rot-Grün: Fünf Jahre aus dem Kalender streichen

Rot und Grüns sind sich einig - und wollen schnell an die Macht.

Schnell ging’s. Nach nur zwei Verhandlungswochen steht das Konzept, mit dem die rot-grüne Minderheitsregierung NRW regieren will. Am Dienstag werden letzte Details präsentiert. Auch wenn dem Koalitionsvertrag beide Parteien noch zustimmen müssen, steht fest: Das bevölkerungsreichste Bundesland Deutschlands steht vor drastischen politischen Veränderungen.

An denen ist allerdings beim gründlichen Betrachten vor allem neu, dass zwei Frauen in der Koalition den Ton angeben. Beim Rest dominiert Rückwärtsgewandtes: Hannelore Kraft und Sylvia Löhrmann wollen so schnell wie möglich so viel wie möglich davon vergessen lassen, was CDU und FDP in fünf Jahren eingeführt haben.

Besonders markant ist diese Rolle rückwärts in der Bildungspolitik mit der Abschaffung von Studiengebühren. Diese sollten den Hochschulen finanzielle Freiheiten geben. Sie hatten den, oft nur verschämt vorgebrachten, Nebeneffekt einer leistungsorientierten Selektion bei den Studierenden. Damit soll bald Schluss sein. Ähnlich konsequent wird es wohl bei der Wiedereinführung der Grundschulbezirke gehen, so dass Eltern die gerade gewonnene Freiheit der Schulwahl für ihren Nachwuchs schon wieder verlieren. Andererseits will die künftige Minderheitsregierung den Umbau des Schulsystems insgesamt relativ moderat angehen - wohl auch aus Rücksicht darauf, dass sie stets die Zustimmung anderer Parteien benötigt.

Denn zumindest eine Stimme fehlt immer. Genau das wird bereits bei der Wahl der Ministerpräsidentin der entscheidende Punkt sein. Muss sich Hannelore Kraft von den Linken wählen und dann auch beim Regieren helfen lassen? Angesichts der Zweifel an der Verfassungstreue der Linkspartei in NRW bleibt das brisant. Zumal auch die Bundespräsidenten-Wahl ahnen ließ, wie schwierig es grundsätzlich ist, linke Mehrheiten zu praktizieren - selbst wenn sie rechnerisch stabil sein sollten. Insofern schwebt das Gespenst Neuwahl weiterhin über der künftigen Regierung.

Erstmal hoffnungsvoll nach Düsseldorf blicken werden Kommunalpolitiker vieler Parteien und Bürger in den hochverschuldeten Städten: Sie können handfeste finanzielle Hilfen erwarten. Das ist gut für ihre Handlungsfähigkeit, verschiebt allerdings die Finanznot hin zum Land.

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