Meinung : Opferschutz – ein Projekt, das ausgebaut werden sollte
Meinung Die NRW-Opferschutzbeauftragte hat ihren Bericht vorgestellt. Den Ruf der Menschen nach Hilfe sollte die Landesregierung als Auftrag verstehen.
Jugendsprache kann sehr originell sein. Aber auch äußerst widerwärtig: wenn etwa einer den anderen als „Du Opfer“ beschimpft. Mit Gedankenlosigkeit ist das nicht zu rechtfertigen. Jedenfalls nicht gegenüber solchen Menschen, die selbst schon einmal Opfer einer das ganze Leben auf den Kopf stellenden Straftat geworden sind. Opfer brauchen Beistand, am allerwenigsten Missachtung.
Und doch wird auch der Staat dem Verbrechensopfer allzu oft nicht gerecht. Die NRW-Opferschutzbeauftragte als Repräsentantin einer in dieser Form bundesweit noch exotischen Einrichtung zitierte bei Vorstellung ihres Tätigkeitsberichts einen denkwürdigen Satz. Eine These, die ihr kürzlich bei einer Diskussion entgegengehalten wurde und die sie zu Recht sehr ernst nimmt: „Wer eine Strafanzeige erstattet, ist wie ein Reisender in einem Land, dessen Sprache er nicht versteht.“
In der Tat wird sich manch ein Verbrechensopfer genau so fühlen, wenn es auf die Hilfe der Justiz setzt. Diese kann die Straftat zwar nicht ungeschehen machen, wohl aber sollte sie ihm beistehen. Doch dabei zeigen sich Staatsanwaltschaften und Gerichte, ohne dass dies bewusst geschehen muss, oft eher abweisend. Mit ihrer Sprache, mit ihren einschüchternden Formalitäten. Das Opfer, also der spätere Anzeigeerstatter und noch später der Zeuge im Strafprozess muss mehr sein als ein bloßes Werkzeug. Mehr als nur ein Beweismittel, das der Justiz dabei behilflich ist, den Sachverhalt aufzuklären. Hier ist Empathie gefordert. Und ganz viel Hilfestellung.