OECD-Bericht: Nach der Reform ist vor der Reform

Der OECD-Bericht fordert die deutsche Politik heraus.

Die OECD, die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, ist im Grunde ein zahnloser Tiger. Zwar sind in ihr alle großen Industriestaaten, also auch Deutschland, organisiert, aber zu sagen hat die OECD nichts.

Dennoch sollte Deutschland aufhorchen, wenn eine solche Organisation dunkle Wolken über einer der weltweit wichtigsten und größten Wirtschaftsmächte aufziehen sieht, zumal die genannten Fakten kaum von der Hand zu weisen sind: Die Zahl der Deutschen insgesamt sinkt dramatisch. Der Altersdurchschnitt der Gesellschaft steigt. Immer weniger junge Menschen bezahlen die Rente von immer mehr Senioren.

Das geht auf Dauer nicht gut, befindet die OECD und mahnt Reformen an. Weg mit dem Ehegattensplitting, das Frauen vom Berufsleben fernhält, weg mit dem Betreuungsgeld, das dieselbe schlechte Wirkung hat. Und die Rente mit 67 ist demnach auch noch nicht das Ende der Fahnenstange. Wenn die Lebenserwartung steigt, muss die Dauer des Rentenbezuges daran angepasst werden. Also müssen die Deutschen länger arbeiten.

All das ist freilich wohlbekannt, auch in der Politik. Aber Änderungen sind unbequem. Und da obendrein in irgendeinem Bundesland immer gewählt wird, überlegen die Parteien es sich dreimal, ehe sie Unpopuläres in ihre Programme aufnehmen. Wer, wie einst Rot-Grün, den Mut hat, schmerzhafte, aber sinnvolle und notwendige Arbeitsmarktreformen durchzusetzen, wird dafür mit Wahlniederlagen bestraft. Inzwischen ist längst Konsens, dass nicht zuletzt die Reformen von damals den Wohlstand von heute begründeten.

Aber dieser Wohlstand ist mittelfristig gefährdet. Deutschland steht vor neuen, noch größeren Reformen. Es braucht eine Einwanderungspolitik, die auch den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes gerecht wird. Es braucht eine Bildungspolitik, die weder an finanzielle noch an Länder-Grenzen stößt. Es braucht eine Steuerpolitik, die Arbeit fördert. Deutschland braucht ein Umdenken in den Unternehmen, dass mit 50 Jahren nicht Altersschwäche bevorsteht, sondern der Hochsommer des Lebens.

Es gibt sehr viel zu tun. Mag der Tiger OECD auch zahnlos sein, sein Fauchen ist dennoch alarmierend.

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