Nun rächt sich der Sparzwang der Bahn

Das Unternehmen braucht mindestens eine Milliarde jährlich

Für die Bahn dürfte es nur eine Jahreszeit geben — das Frühjahr. Dann rollt es auf der Schiene — in der Regel zumindest. Im Sommer aber treibt die Bahn ihre Kunden mit defekten Klimaanlagen zur Weißglut. Im Herbst stört sie der Laubfilm, und im Winter werden die Züge von Schnee und Eis ausgebremst, sorgen mit Verspätungen und Ausfällen für eisige Stimmung. Nun könnte man argumentieren, dass der Dezember ein extrem harter Wintermonat war, der selbst die Züge in unseren Kälte erprobten Nachbarländern ins Schlingern gebracht hat.

Doch so einfach ist das nicht, denn bei der Deutschen Bahn reiht sich seit Jahren eine Panne an die nächste. Denken wir nur an den Achsenbruch eines ICE im Kölner Hauptbahnhof, die Probleme mit der Neigetechnik oder an den ICE, der wegen einer losen Stellmutter während der Fahrt eine Tür verlor.

Die Politik hat jahrelang tatenlos zugeschaut, wie sich eines der größten Transportunternehmen der Welt in die Krise manövriert hat. Ohne Rücksicht auf Qualitätseinbußen wurde die Bahn in der Ära Mehdorn für den angepeilten Börsengang aufgehübscht. Um das Unternehmen so rentabel wie möglich zu machen, wurden dringend notwendige Investitionen in das Schienennetz und in neue Züge gekürzt oder gleich ganz gestrichen. Das rächt sich jetzt.

Die Bahn braucht Geld für Infrastruktur, Fuhrpark, Werkstätten und Personal, wobei die 500 Millionen, die der Bund nun beansprucht, nur ein kleiner, aber wichtiger Beitrag wären. Nötig ist jährlich eine Milliarde zusätzlich, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Und die ist für das Staatsunternehmen umso wichtiger, als im September mit dem Köln-Hamburg-Express erstmals eine echte private Konkurrenz auf die Schiene geht.

Abgesehen davon sollten Dividenden sowieso nur gezahlt werden, wenn es Gewinne gibt, die nach Steuern und Investitionen übrig bleiben. Die Bahn hat im ersten Halbjahr 2010 einen Gewinn vor Steuern von gut 800 Millionen Euro eingefahren. Das klingt viel, ist aber mit Blick auf die Schuldenlast zu wenig, um eine Dividende zu zahlen.

Bahnchef Grube muss seiner Jahreslosung „Kunde, Kunde, nochmals Kunde“ schnell und gemeinsam mit dem Bund Taten folgen lassen. Denn der nächste Winter kommt bestimmt.

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