Hebammen versus Krankenkassen Natürliche Geburt ist ein Menschenrecht

Der Streit zwischen den gesetzlichen Krankenkassen und den Hebammenverbänden geht alle etwas an, nicht nur die 0,5 Prozent aller Familien, die sich für eine Hausgeburt entscheiden. Denn in dieser Diskussion geht es auch um die Frage, welche Maßstäbe eigentlich noch beim Thema Geburt angelegt werden sollten.

Und wer letzten Endes darüber entscheiden darf, wo und unter welchen Bedingungen ein Kind zur Welt kommt.

Dass es mit der Selbstbestimmung der Schwangeren schon jetzt nicht mehr zum Besten bestellt ist, weiß jede Frau, die bereits zwei Tage nach dem errechneten Geburtstermin ihres Kindes über die Möglichkeiten einer Einleitung aufgeklärt wird. Dass Geburt in unserer Gesellschaft schon jetzt nicht mehr als natürlicher Vorgang betrachtet wird, zeigt, dass ein Drittel aller Kinder inzwischen per Kaiserschnitt auf die Welt geholt wird.

Dabei ist es heute nicht gefährlicher, ein Kind zu gebären, als noch vor zehn oder 20 Jahren. An den biologischen Voraussetzungen hat sich abgesehen von einem zum Teil höheren Gebäralter der Frauen nichts geändert. Aber der Kostendruck in den Kliniken ist in dieser Zeit gewachsen. Der Effizienzanspruch, den Krankenkassen an Klinikpersonal und an Hebammen stellen ebenso.

Eine natürliche Geburt ist nicht effizient und sie ist nicht planbar — zumindest nicht in den Maßstäben von Krankenkassen. Dennoch sind sie es, die in unserem Gesundheitssystem maßgeblich darüber entscheiden, welche Verfahren sich als Standard durchsetzen — indem sie festlegen, für welche Leistungen sie bezahlen.

Für Hebammen, vor allem aber für Gebärende ist die Situation prekär. Mit jeder Generation verlieren Frauen ein Stück mehr die Zuversicht in den eigenen Körper, in ihre Fähigkeit, ein Kind aus eigener Kraft auf die Welt zu bringen — wie lange es auch dauern mag. Das Wissen der Hebammen wird als Gegenpol zu unserem Effizienzstreben deshalb immer wichtiger. Für eine Kasse mag es überflüssig erscheinen, neben den Leistungen der Klinik und des Frauenarztes auch noch die Hebamme bezahlen zu müssen. Für Familien aber ist diese Leistung im allerbesten Sinne unbezahlbar.

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