Mit jedem Cent steigt der Druck

Politischer Schlingerkurs in Sachen Entfernungspauschale

Es kursiert die bitter-köstliche Geschichte eines Kölner Taxifahrers, der vor dem Tanken für zwei Minuten auf der Toilette verschwand. Als er zurückkam, war der Literpreis um satte 13 Cent gestiegen. Solche Erlebnisse machen wütend. Sogar die Zwei-Euro-Grenze könnte bald kein Tabu mehr sein. Gerade in einem Wahljahr wie 2012 nehmen Politiker liebend gerne diese Empörung auf oder setzen sich sogar an die Spitze der Bewegung. Der Ruf nach einer höheren Kilometerpauschale folgt reflexhaft.

Einen bemerkenswerten Schlingerkurs fährt vor allem die Union. Die CSU, in deren ländlichem Stammland das Auto einen hohen Stellenwert besitzt, liebäugelt schon lange mit einem höheren Betrag. Jetzt springt ihr die NRW-CDU bei, während die Kanzlerin von dem Thema nichts wissen will. Verwirrend.

In der Tat wäre es richtig, die Autofahrer zu entlasten. Ob allerdings die Entfernungspauschale der richtige Weg ist, darf man bezweifeln. Denn von deren Änderung würden ebenso die Nutzer anderer Verkehrsmittel profitieren. Auch ist Gerechtigkeit kaum zu erreichen, wenn man fragt, warum jemand einen langen Weg zur Arbeit hat. Falls er seinen Job verloren hat und für die neue Stelle eine weite Strecke zurücklegen muss, scheint eine höhere Entlastung gerechtfertigt. Aber ist sie es auch, wenn er viel Geld spart, weil er sein Traumhaus weit draußen gebaut hat und deshalb täglich länger fahren muss? Solche Beispiele zeigen, dass eine gerechte Lösung kaum zu finden ist.

Dann gibt es noch jene Gruppen, die aus ideologischen Gründen Autofahrer gar nicht entlasten wollen. Sie finden, man solle diese ruhig etwas quälen, dann stiege deren Bereitschaft, etwa auf den öffentlichen Nahverkehr umzusteigen. Ein hehres Ziel — das leider in vielen Fällen nicht praktikabel ist.

Den einzig richtigen Weg gibt es nicht. Dennoch wird der Druck, die Last der Autofahrer zu mildern, mit jeder Preissteigerung an der Zapfsäule zunehmen. Statt die Kilometerpauschale zu erhöhen, die Mineralölsteuer zu senken, könnte sinnvoll sein. Ebenso sind moderne Autos mit geringem Verbrauch oder anderen Antriebsstoffen interessant. Erfindergeist ist gefragt, denn ohne Individualverkehr würde unsere mobile Gesellschaft ärmer.

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