Meinung Loveparade-Prozess - Was heißt hier geringfügig?

Meinung | Düsseldorf · Darf das sein – Einstellung des Loveparade-Prozesses wegen bloßer „Geringfügigkeit“? So ist der entsprechende § 153 der Strafprozessordnung überschrieben. Oder aber die Angeklagten trifft keine „Schwere der Schuld“ und es kommt deshalb zur Einstellung gegen Geldauflage nach § 153 a. Eben diese Vorschriften sollen nun den Weg ebnen, das Verfahren ohne Urteil zu beenden.

 Dem Prozess ums Loveparade-Drama (Archivbild) droht die Einstellung.

Dem Prozess ums Loveparade-Drama (Archivbild) droht die Einstellung.

Foto: dpa/Erik Wiffers

Doch wie geht das zusammen mit den dramatischen Videos, die im Gericht gezeigt wurden? Bewegtbilder und Schreie der Todesangst der in der Menschenmenge Gefangenen. Wie geht das zusammen mit den erschütternden Aussagen der Zeugen, die dem tödlichen Gedränge so gerade noch entkamen? Für all das muss doch jemand verantwortlich sein. Soll sie umsonst gewesen sein, die Suche nach strafrechtlicher Verantwortung, die ohnehin viel zu spät und erst nach massiven Protesten der Hinterbliebenen Fahrt aufnahm.

Nein, umsonst wird diese Suche auch dann nicht gewesen sein, wenn der Prozess ohne Urteil endet. Schließlich haben die bislang fast 100 Verhandlungstage vieles von dem Geschehen, von den Ursachen der Katastrophe, ans Licht gebracht. Eben diese Aufklärung haben Opfer und Hinterbliebene zu Recht immer eingefordert.

Zur Wahrheit gehört aber auch eine Erkenntnis, die zu bestätigen scheint, was die Verteidiger der zehn Angeklagten von Beginn an sagten. Und worauf sie ihre Verteidigungsstrategie auslegten. Mitverantwortlich waren auch noch andere. Andere, die nicht angeklagt waren. Das damalige Duisburger Stadtoberhaupt, sein Dezernent, der Chef des Loveparade-Veranstalters, sie alle sagten nur als Zeugen aus. Das machte nicht nur die Nebenkläger zornig. Ebenso war kein Polizeivertreter angeklagt. Der Prozess hat gezeigt, dass zahlreiche Fehlerursachen ineinander griffen. Dass die Last der Verantwortung auf vielen Schultern liegt. Das kann durchaus eine Schuld der Angeklagten relativieren. Aber bis zur „Geringfügigkeit“? Ein Gedanke, der schwer zu denken ist.

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