Meinung Krankenversicherte müssen bluten

Ende vergangenen Jahres schien mit den Finanzen der gesetzlichen Krankenkassen alles in bester Ordnung zu sein. Die Rücklagen summierten sich auf 15,5 Milliarden Euro.

Was nach einem dicken Polster aussieht, könnte in Wahrheit rasch aufgebraucht sein, denn die Ausgaben übersteigen die Einnahmen wieder deutlich. In der ersten Hälfte dieses Jahres betrug das Defizit rund 500 Millionen Euro. Tendenz: schnell steigend. Höhere Beiträge sind unausweichlich. Früher haben Arbeitnehmer und -geber diese Belastung gemeinsam geschultert. Doch damit ist es längst vorbei. Die Unternehmen zahlen seit Jahren nur noch die Hälfte des Grundbeitrages von 14,6 Prozent. Der Arbeitgeberanteil wurde auf 7,3 Prozent eingefroren.

Da diese Einnahmen bei Weitem nicht reichen, erheben die Kassen Zusatzbeiträge. Im Schnitt sind das derzeit 0,9 Prozent. Angesichts der steigenden Kosten wird es Anfang nächsten Jahres einen Aufschlag geben. Bis 2017 rechnen die meisten Experten mit Zusatzbeiträgen von 1,4 bis zwei Prozent. Das heißt: Klettern die Ausgaben für Gesundheit, bleibt es allein an den Krankenversicherten hängen. Sie müssen bluten.

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach gibt vor, das ändern zu wollen. Er fordert eine Rückkehr zur paritätischen Finanzierung durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Das klingt gut, ist aber blanker Populismus. Schließlich sitzen die Sozialdemokraten in der großen Koalition mit am Tisch. Und von glaubwürdigen Versuchen der SPD, die gesetzliche Lage zu ändern, ist bisher jedenfalls nichts bekannt. Krankenversicherte müssen sich also darauf einrichten, für Gesundheit mehr Geld zu brauchen.

Nach den Schätzungen der Kassen wird allein die geplante Krankenhausreform in den kommenden zwei Jahren Mehrkosten von 2,3 Milliarden Euro verursachen. Und das, obwohl die teuren Überkapazitäten in den Ballungsregionen erhalten bleiben. Am Grundproblem, wonach es in den Kliniken hierzulande rund 100 000 Betten zu viel gibt, wird die Reform nichts ändern. Beispiel Arzneimittel: Zur Freude der Pharmaindustrie wurden Ausgabenbremsen gekappt, so dass es neue und teure Medikamente auf dem Markt leichter haben.

Dagegen ist nichts einzuwenden, wenn es den Patienten hilft. Dass von den Arbeitgebern keine Beteiligung an den stetig zunehmenden Kosten eines guten Gesundheitswesens verlangt wird, ist allerdings ein Unding.

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