Kommentar zur Westbalkan-Konferenz : Wer diese Länder verstößt, der verstößt Europa
Meinung Manchmal heißt es warnend, in Afrika säßen Millionen auf gepackten Koffern. So weit muss man gar nicht gucken. Auf dem Westbalkan, quasi vor der Haustür, sind es ebenso viele. Vor allem die jungen Leute hungern dort nach Teilhabe am modernen Leben.
Das Bildungsniveau ist enorm, viele lernen Englisch. Wenn ihre Erwartungen nach Entwicklung und baldiger Mitgliedschaft in der EU enttäuscht werden, wird es kein Halten mehr geben.
Die Regierungen fast aller sechs Nationen – neben Bosnien, Montenegro und Albanien noch Serbien, Nordmazedonien und Kosovo – unternehmen sehr ernsthafte Anstrengungen, um die EU-Kriterien zu erfüllen. Und Europa, vor allem Deutschland, hat sie stets ermutigt. Albaniens Politiker zum Beispiel gehen mit ihrem harten Vorgehen gegen korrupte Richter und Staatsanwälte sogar persönliche Risiken ein. Ebenso Mazedoniens Reformregierung, die gegen die eigenen Nationalisten die Namensänderung in Nordmazedonien durchgesetzt hat, auf dass Frieden sei mit Griechenland. Und Kosovo und Serbien, Erzfeinde, nähern sich einer Einigung ihrer Grenzstreitigkeiten durch Gebietsaustausch.
All dies mag noch nicht ausreichen. Es zeigt aber, was für ein starker Treiber die EU-Perspektive ist. Wird sie enttäuscht, geht es andersherum. Dann herrschen in der Region schnell wieder Chaos, Rivalität und Krieg. Das ist der eine Grund, warum man hoffen muss, dass Deutschland und Frankreich bei ihrer heutigen gemeinsamen Westbalkan-Konferenz in Berlin weiterhin an einem Strang ziehen und weiter Tempo machen.