Meinung Nach Wahlsieg von Johnson: Es gibt kein Zurück mehr

Meinung · Die Entscheidung ist mit der Wahl im (noch) Vereinigten Königreich gefallen, und zwar im Ergebnis eindeutig. Der Brexit wird Ende Januar kommen. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig ein Ende der Unsicherheiten.

 Boris Johnson, Premierminister von Großbritannien, verlässt die 10 Downing Street in Richtung Buckingham Palace zu einer Audienz bei Königin Elizabeth II.

Boris Johnson, Premierminister von Großbritannien, verlässt die 10 Downing Street in Richtung Buckingham Palace zu einer Audienz bei Königin Elizabeth II.

Foto: dpa/Stefan Rousseau

Bye, bye. Großbritannien wird gehen. Man kann den Brexit nach wie vor für eine große Fehlentscheidung halten, man kann Boris Johnson für seinen Populismus und seine vielen Unwahrheiten im Wahlkampf verurteilen. Aber die Entscheidung ist mit der Wahl im (noch) Vereinigten Königreich gefallen, und zwar im Ergebnis eindeutig. Der Brexit wird Ende Januar kommen. Es gibt kein Zurück mehr. Alle die, die noch einen Funken Hoffnung hatten auf den Verbleib der Briten in der Europäischen Union, müssen der Realität jetzt endlich ins Auge sehen.

Das muss man Johnson lassen: Er hat nicht nur die ohnehin überzeugten Brexit-Befürworter für die Konservativen gewinnen können, sondern auch geschickt den extremen Verdruss im Land über das nicht enden wollende Austritts-Gezerre genutzt. „Get Brexit done“ (den Brexit erledigen), dieser simple, aber eindringliche Slogan hat verfangen und die Stimmung weiter Teile der Bevölkerung getroffen. Die Konservativen waren ja sogar in Regionen erfolgreich, wo normalerweise für sie nichts zu holen ist. Die drei Wörter werden jetzt in die Wahlkampf-Geschichte Britanniens eingehen.

Nun muss freilich nach vorne geschaut werden. Johnson muss liefern. Sein Wahlsieg ist ein klares Mandat, den Brexit zügig über die Bühne zu bringen. Einer Mehrheit im Unterhaus für das Austrittsabkommen mit der EU steht damit jetzt nichts mehr im Wege. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig ein Ende der Unsicherheiten: Am 1. Februar beginnt die nächste Runde im Austrittspoker. Dann starten die Verhandlungen über die künftigen Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien, insbesondere über ein Freihandelsabkommen.

Diese Gespräche dann bis zum Ende der Übergansphase in gut zehn Monaten über die Bühne zu bringen, ist ambitioniert, oder besser gesagt: ausgeschlossen. Bislang hat Johnson es abgelehnt, einen Antrag zur Verlängerung der Frist zu stellen. Die Erfahrung lehrt jedoch, der Premier ist geschmeidig genug, um auch hier ein Wendemanöver hinzulegen. Wenn nicht, ist ein harter Brexit mit all seinen schwerwiegenden Folgen wahrscheinlich.

 Hagen Strauß.

Hagen Strauß.

Foto: nn

Mit der absoluten Mehrheit im Rücken wird Johnson jedenfalls mit breiter Brust in Brüssel auftreten. Dann wird sich zeigen, ob die bisher demonstrierte Geschlossenheit der 27 verbliebenen EU-Länder hält. Tatsächlich haben die Mitgliedstaaten mit Blick auf das künftige Verhältnis zum Königreich unterschiedliche Interessen. Polen zum Beispiel dürfte die Freizügigkeit für seine Bürger aufrechterhalten wollen, Deutschland hingegen erwartet, dass es zu möglichst geringen Handelsbeschränkungen kommt.

Andere Länder wiederum haben andere Erwartungen. Auch gilt es, die sicherheitspolitischen Beziehungen umfassend neu zu gestalten – und aus Sicht der EU Wettbewerbsnachteile zulasten des Kontinents zu verhindern. Das alles wird für beide Seiten noch schwierig genug werden. Die Umsetzung des Brexits bleibt somit eine Herkulesaufgabe. Und was auch bleibt, ist das Gefühl: Schade, sehr schade, dass die Briten gehen. Bye, bye.

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