Meinung Das Jugendstrafrecht ist ein gutes System mit Lücke

Meinung · Wie die Justiz mit jugendlichen Tätern umgeht, ist geprägt vom Gedanken der Erziehung. Doch es muss auch Schutzmechanismen für den Rest der Gesellschaft geben. Schon vor Kindern.

 Ein junger Intensivtäter kann entweder in seiner Familie leben oder in einer Einrichtung der Jugendhilfe – oder aber in der Arrestanstalt beziehungweise dem Jugendknast.

Ein junger Intensivtäter kann entweder in seiner Familie leben oder in einer Einrichtung der Jugendhilfe – oder aber in der Arrestanstalt beziehungweise dem Jugendknast.

Foto: picture alliance/dpa/Swen Pförtner

Das System des Jugendstrafrechts in Nordrhein-Westfalen ist im Grunde ein gutes. Was Lästerern regelmäßig als zu lasch, zu kuschelig, nicht abschreckend genug erscheint, ist strikt geleitet vom erzieherischen Gedanken. Die Chance auf ein Leben als Mitglied der Gesellschaft geht vor gerechte Strafe.

Die Häuser des Jugendrechts sind ein leuchtendes Beispiel, wie das System funktioniert und die Gesellschaft um ihre jüngsten Mitglieder kämpft: Hier wird mit enormem Personaleinsatz für den einzelnen Jugendlichen ein Weg gesucht, der ohne Straftaten zulasten anderer auskommt. Will er diesen allerdings selbst partout nicht mitgehen, führt die Alternativroute ohne Wenn und Aber hinter Gitter. Denn das alleroberste Gebot des Justizsystems muss es immer noch sein, den friedfertigen Teil der Gesellschaft vor jenen zu schützen, die nicht Teil sein wollen.

 Juliane Kinast

Juliane Kinast

Foto: Judith Michaelis

Und da offenbart sich derzeit noch eine Lücke im eigentlich guten System. Ein junger Intensivtäter kann entweder in seiner Familie leben oder in einer Einrichtung der Jugendhilfe – oder aber in der Arrestanstalt beziehungweise dem Jugendknast. Dazwischen gibt es nichts. Und ein junger Gewalttäter in einer Wohngruppe mit Jugendlichen, die vielleicht selbst Gewalt erfahren haben, oder sogar mit anderen Intensivtätern – das muss doch schiefgehen.

Noch eklatanter ist die Lücke bei Kindern. Da gibt es nach den wohlwollenden Hilfsangeboten eben nichts mehr. Die Justiz kann nur tatenlos abwarten, bis die Strafmündigkeit erreicht ist – das Kind ist da mitunter schon in den Brunnen gefallen. Das ist unbefriedigend. Die Gesellschaft hat auch einen Anspruch auf Schutz vor den Jüngsten, so sehr es schmerzt, dass er vonnöten ist. Nicht durch wegsperren. Aber die Idee einer Unterbringung, die intensive pädagogische Betreuung beinhaltet, ist interessant und gehört in die politische Debatte.

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