Meinung Klare Kante, sonst brechen die Dämme

Meinung · Die gemeinsame Erklärung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Heiko Maas (SPD) zum Fall Khashoggi klingt reichlich weich und atmet den Geist diplomatischer Vorsicht. Was jetzt aber notwendig ist, ist klare Kante gegenüber den Saudis.

Hagen Strauss

Hagen Strauss

Foto: krohnfoto.de

Die Bundesregierung muss auf Wirtschaftssanktionen setzen und den rigorosen Stopp von Waffenexporten einleiten. Außerdem sollten alle westlichen Regierungen die saudischen Botschafter einbestellen und mit Nachdruck auf die Bestimmungen der Wiener Übereinkommen über diplomatische und konsularische Beziehungen hinweisen: In Konsulaten soll eigenen Staatsangehörigen geholfen werden. Aber sie sollen dort nicht um Leib und Leben fürchten müssen.

Ein solch brutales Vorgehen gegen einen Regimekritiker und die abstruse Erklärung über die Umstände des Todes von Khashoggi darf man nicht durchgehen lassen. Sonst brechen Dämme. Dann wäre dies ein schlimmes Signal an die vielen Despoten dieser Welt. Ein toter Journalist, ein toter Regierungsgegner zählen nicht. Hauptsache, die ökonomischen Beziehungen stimmen. Das darf nicht sein. So ähnlich denkt ja offenbar auch Siemens-Chef Joe Kaeser, der seinem Unternehmen mit seinen Äußerungen zum Fall Khashoggi keinen Gefallen getan hat. Denn es ist derzeit unvorstellbar, dass hochrangige deutsche Wirtschaftsvertreter nach Riad zu einer Investorenkonferenz reisen.

Zumal doch jeder weiß: In Saudi-Arabien wird jede Form der Opposition gnadenlos unterdrückt. Mit solchen Ländern kann man keine Geschäfte ohne politische Bedingungen machen. Auch wenn die ölreiche Monarchie ein wirtschaftliches Schwergewicht in der Region ist. Naiv sein sollte man allerdings nicht: Wer glaubt, dass die Regierung in Riad deshalb ein Stabilitätsanker in einer Krisengegend ist, der irrt sich gewaltig. Außenpolitisch wird genauso hart gehandelt wie innenpolitisch. So führt das Herrscherhaus nach wie vor einen unerbittlichen Krieg im Jemen. Und wenn es gegen den Erzfeind Iran geht, ist das Regime an vorderster Front dabei. Im Umgang mit dem Land gilt also, was immer gelten muss, wenn man mit Diktaturen zu tun hat: Man muss klar Position beziehen, Haltung zeigen und unmissverständlich reagieren.

Daran lässt es die Bundesregierung noch immer missen. Zur Erinnerung: Im Fall des Ex-Doppelagenten Skripal, der mutmaßlich von russischer Seite mit einem Nervengift getötet werden sollte, folgten die Reaktionen prompt. Sogar im Schulterschluss mit den USA. Dass diesmal Trump die offizielle Version Saudi-Arabiens bereits willfährig akzeptiert hat, verwundert auf Grund seiner Nähe zu den Saudis nicht. Aber das darf niemanden davon abhalten, die Skrupellosigkeit Riads zu bestrafen.

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