Kein notwendiger Weg

Die Leidenschaft, mit der die Türkei und in Deutschland lebende Türken die Bundestagsresolution zum Völkermord an den Armeniern abgelehnt haben, zeigt das eigentliche Problem. Der Nationalismus, der das entsetzliche Geschehen vor 101 Jahren ausgelöst hat, ist dort überhaupt nicht überwunden.

Diese tumbe Überheblichkeit gegenüber anderen Völkern. Dieses freche Leugnen von Fakten. Dieses Auf- und Vorrechnen von Toten.

Auf der anderen Seite ist es freilich kaum anders, wie die fast triumphale Freude der Anhänger Armeniens zeigt. Der Bundestag ist in dieser fast vergessenen Kriegsfront herumgetapert wie ein Minensuchhund. Er durfte das zweifellos — Menschenrechte sind universell. Aber er musste nicht. Genauso gut hätte er die Ausrottung der südamerikanischen Indianer durch Spanier und Portugiesen anprangern können. Oder die Millionen Hungertoten des ukrainischen Holodomors im Jahr 1932, ausgelöst durch das damalige Sowjet-Reich. Der Hinweis auf die deutsche Mitverantwortung in der Causa Türkei ist schwach. Hier hat auch eine gewisse Überheblichkeit eine Rolle gespielt: In Sachen Aufarbeitung dunkler Geschichtskapitel fühlen wir uns eben als Experten. Hinzu kam, dass einige Abgeordnete mit Migrationshintergrund, die noch sehr in den Scharmützeln der Herkunftsländer ihrer Eltern gefangen sind, das Thema vorantrieben.

Ein Aufruf, der den Nationalismus in der Region angeprangert hätte, wäre konstruktiver gewesen als die Versteifung auf den Begriff Völkermord. Ein Verweis auf die deutsch-französische und deutsch-polnische Aussöhnung etwa. Er wäre von europäischen zu asiatischen Nachbarn auch sehr berechtigt gewesen. Der Text hätte lauten müssen: Türken, Armenier, Griechen, schaut auf uns. Wir waren genauso dumm. Aber ohne Aussöhnung kein Friede, kein Wohlstand, keine Zukunft. Bekennt euch zu eurer Geschichte und blickt endlich gemeinsam nach vorn.

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