Jamaika und Ampel verblassen – vorläufig

Düsseldorf. Sechs Tage vor der Wahl gibt es endlich Klarheit. Die Grünen bekräftigen ihre Absicht, nicht mit Union und FDP zu regieren. Die FDP bekennt sich mit ihrem eindeutigen Parteitagsbeschluss zu einer Koalition mit CDU/CSU und lehnt ausdrücklich eine gemeinsame Regierung mit SPD und Grünen ab.

Die schillernden Bündnisse namens Jamaika oder Ampel scheinen also tot. Wir erleben s omit im Endspurt einen klaren Lagerwahlkampf mit Schwarz-Gelb auf der einen und Rot-Grün auf der anderen Seite. Gut, dass endlich klare Verhältnisse herrschen.

Die Freude darüber könnte allerdings am Sonntagabend rasch getrübt werden. Denn natürlich funktionieren solche Absichtserklärungen nur, wenn einer der beiden Blöcke mehr als die Hälfte der Sitze im Parlament erreicht. Selbst wenn das dank der vieldiskutierten Überhangmandate sogar mit vielleicht nur rund 46 Prozentpunkten gelingt, wüssten dann zumindest alle, wie es weiter geht.

Als Bumerang erweisen können sich die klaren Koalitionsaussagen, wenn sich der berühmte Wählerwille als nicht eindeutig erweist. Und das kann bei fünf Parteien rasch geschehen. Es gäbe dann mindestens drei mögliche Auswege aus dem Dilemma. Und alle haben Schattenseiten:

Die Große Koalition könnte einfach so weiter machen wie bisher. Vielen Politikern der Regierung würde das offenbar gefallen. Der dringend nötige Ruck, der Deutschland nach vorne bringt, bliebe dann allerdings aus.

Oder es kommt doch zu einem Dreierbündnis von SPD, Grünen und Linkspartei. Die SPD müsste dann mit einem klaren Wortbruch-Vorwurf leben, und Deutschland würde drastisch nach links rutschen.

Die dritte Möglichkeit ist - obwohl es aktuell anders klingt - doch eine Ampel- oder Jamaika-Koalition. FDP oder Grüne täten sich allerdings schwer, diesen Sinneswandel zu erklären.

Die Wähler sollten sich von diesen Koalitions-Rechenspielen nicht verwirren lassen, sondern schlicht die Partei wählen, der sie vertrauen. Denn sogar wenn diese, weil es das Wahlergebnis nicht anders zulässt, nicht in ihrer Wunschregierung landet, wird sie immer ihre Grundhaltung einbringen. Wegen der Angst vor unklaren Verhältnissen ganz auf die Stimmabgabe zu verzichten, wäre auf jeden Fall falsch.

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