Investieren gegen die Schuldenkrise

Die Europäische Union braucht einen Wachstumspakt

Angela Merkel dürfte es nicht leicht gefallen sein zuzugeben, dass die europäische Schuldenkrise nicht nur mit Spardisziplin zu bekämpfen ist. Dass die Bundeskanzlerin nun eine Wachstumsagenda in Aussicht stellt, ist aber nicht allein der Einsicht zu verdanken, dass Griechenland, Spanien und Co. ohne Investitionen in die Wirtschaft nicht mehr auf die Beine kommen. Es steckt auch politisches Kalkül dahinter. Für ihren europäischen Sanierungskurs braucht Merkel Mitstreiter. Nachdem aber Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy um seine Wiederwahl bangen muss und selbst im europäischen Vorzeigeland Niederlande die Regierung über der Schuldenkrise zerbricht, ist die deutsche Kanzlerin gezwungen, von ihrer harten Linie abzurücken. Es sind schließlich die Opposition um François Hollande in Frankreich und der Rechtspopulist Geert Wilders in den Niederlanden, die mehr oder weniger direkt das Ende des Berliner Spardiktats fordern. Mithin ist die „Wachstumsagenda“ auch ein Wahlkampfgeschenk an ihren Weggefährten Sarkozy und Gegenwind für Wilders. Obendrein wählt Griechenland am kommenden Wochenende. Und bisher sieht es so aus, als sollten Extremisten die großen Wahlsieger werden. Ein positives Signal aus Brüssel könnte ihnen den Wind aus den Segeln nehmen.

Die Wachstumsagenda ist überfällig. Angesichts der jüngsten Entwicklungen in Griechenland und Spanien ist es Zeit, Sparvorgaben mit gezielten Investitionsprogrammen zu verbinden. Freilich ist unschwer zu erraten, wer diese Investitionen in der Hauptsache bezahlen soll. Merkel zögerte bisher aus gutem Grund.

Aber es hilft nichts. Die EU braucht ein Wachstumspaket. Und die Schuldenstaaten brauchen die Einsicht, dass sie im Gegenzug Kompetenzen vorübergehend wohl an Brüssel werden abgeben müssen. Anders ist den Bürgern in Geberländern eine neue Finanzspritze kaum noch zu vermitteln, zumal die Probleme der Nehmerländer überwiegend hausgemacht sind.

Es ist schlicht logisch, Schuldenstaaten durch Investitionen zu Wachstum zu verhelfen und in die Lage zu versetzen, ihren Gläubigern das Geld zurückzugeben. Die Alternative ist, sie kaputt zu sparen und die Außenstände abzuschreiben — auf Kosten des Steuerzahlers.

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