Meinung Hut ab vor Nico Rosbergs Rücktritts-Entscheidung

Nico Rosberg hat etwas geschafft, was fast kein Sportler hinbekommen hat, schon gar nicht in der Vollgasbranche. Der Formel-1-Weltmeister beendet am absoluten Höhepunkt seine Karriere.

Andreas Reiter.

Andreas Reiter.

Foto: Sergej Lepke

Hut ab vor dieser Entscheidung zum Rücktritt. Noch spektakulärer war vielleicht nur der Abgang des dreifachen Champions Jackie Stewart, der 1973 sogar auf sein 100. Rennen verzichtete, weil sein Teamkollege Francois Cevert beim Training zum Großen Preis der USA tödlich verunglückt war.

Offiziell teilte Rosberg mit, es fühle sich gut an, auf dem Höhepunkt zu gehen. Gewiss aber hat der 31-Jährige weitere Gründe — neben der Existenz seiner jungen Familie —, künftig nicht mehr im Kreis zu fahren. Rosberg (31) ist zwar noch jung, eigentlich im besten Rennfahreralter, aber er hat eben auch schon elf lange Jahre im Haifischbecken Formel 1 hinter sich. 2006 startete er im damals schwachen Team Williams. Vier müde Punkte waren die Bilanz in der Debüt-Saison. In den nächsten drei Jahren verbesserten sich zwar die Ergebnisse, von seinen selbst gesteckten Zielen aber war Rosberg weit entfernt: Er wollte Rennsiege und WM-Titel.

Auch der Wechsel zu Mercedes 2010 brachte ihm anfangs nicht den gewünschten Erfolg, wohl aber mit Michael Schumacher den erfolgreichsten Formel-1-Piloten als Teamkollegen. Rosberg hat Schumacher häufig Paroli geboten. Das war ein Quantensprung für sein Selbstbewusstsein. Als der Knoten beim Sieg in China 2012 endlich platzte, hatte er allerdings schon 101 Rennen absolviert. Bis heute ein Rekord: So lange hat noch nie ein Formel-1-Pilot auf seinen ersten Sieg warten müssen. Blitzkarrieren sehen in diesem Geschäft anders aus.

Ein wichtiger Grund für den Rücktritt wenige Tage nach seinem größten Titel ist wohl der zermürbende Zweikampf mit Lewis Hamilton, der 2013 zu Mercedes gewechselt war. Nicht nur, dass der Brite Rosberg in den beiden vergangenen Jahren bittere Niederlagen beigebracht hat. Er hat auch einen Stallkrieg entfacht, dem Rosberg lange nicht gewachsen schien. Im vergangenen Jahr hatte Hamilton mit überharten Manövern und Psycho-Spielchen seinem Teamkollegen den Schneid abgekauft. Dieser Stachel saß tief. Er müsse härter werden, hieß es.

Genau das hat er nun geschafft. Der Titel des Weltmeisters zeigt, dass Rosberg endlich die nötige Härte mitbringt. Und sein Rücktritt beweist, dass er weiß, wann es Zeit zu gehen ist.

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