Meinung Grindels Verweigerung

Urlaub hin oder her — der DFB ist durch die Vorwürfe seines ehemaligen Vorzeigefußballers Mesut Özil in eine tiefe Krise gerutscht. Da ist eine schriftliche Erklärung des Präsidenten Reinhard Grindel ziemlich dünn.

Zumal die Affäre zum Politikum mit hoher gesellschaftlicher Brisanz geworden ist. Und längst wird darüber diskutiert, ob Grindel nicht besser zurücktreten sollte. In einer solchen Situation muss mehr kommen, da muss der Präsident sich höchstpersönlich der Öffentlichkeit und ihren Fragen stellen.

Auch der Inhalt der Erklärung ist wenig erhellend. Er erinnert zum Teil stark an das selbstbeweihräuchernde Funktionärsgerede, das man besonders gut von der Fifa kennt. „United by football“ — so lautet Grindels letzter Satz. Vereint durch Fußball. Genau das stimmt eben nicht mehr. Aber Hauptsache, Deutschland bekommt den Zuschlag für die EM 2024, wie der Präsident hofft. Wenn der Verband jedoch so weitermacht, läuft ihm die Türkei als Konkurrent um die Ausrichtung des Turniers noch den Rang ab. Präsident Erdogan tut dafür bereits alles. Seine neuesten Attacken belegen dies. Wenigstens gesteht Grindel ein, dass er sich nicht „unmissverständlich“ hinter Özil gestellt hat, als der nach dem Erdogan-Foto rassistisch angefeindet wurde. Das stimmt.

Was auch stimmt, ist, dass Özils Rassismus-Keule (oder die seiner Berater) gegen den DFB Unsinn ist. Kaum ein anderer großer Sportverband hat sich in der Vergangenheit so stark für Integration und gegen Ausgrenzung eingesetzt wie der DFB. Man kann verstehen, dass Grindel dieser Vorwurf „persönlich“ getroffen hat. Dass er und andere allerdings nach der WM übel nachgekartet haben, das erwähnt Grindel mit keinem Wort. Hier wäre ein Fehlereingeständnis angebracht. Er wolle sich der Debatte nicht entziehen, schreibt Grindel. Doch genau das tut er. Beendet ist die Diskussion um Özil durch die Erklärung somit nicht. Und wieder fester im Sattel sitzt Grindel auch nicht.

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