Glyphosat-Urteil Ein Leithammel-Prozess, der Bayer in Bedrängnis bringt

Meinung | Düsseldorf · Die Teilentscheidung eines Gerichts in San Francisco hat schon jetzt für Bayer weitreichende Folgen. Ein Kommentar.

 Die Verpackung eines Unkrautvernichtungsmittels, das den Wirkstoff Glyphosat enthält.

Die Verpackung eines Unkrautvernichtungsmittels, das den Wirkstoff Glyphosat enthält.

Foto: dpa/Patrick Pleul

Drei Worte in der Pressemitteilung von Bayer zur Jury-Entscheidung in San Francisco in Sachen Glyphosat bringen es auf den Punkt: „Bayer ist enttäuscht“. Enttäuscht, weil man sich ernsthaft Hoffnungen gemacht hatte. Nach der ersten millionenschweren Niederlage im vergangenen Jahr gegen einen an Krebs erkrankten Kläger setzten die Leverkusener in dem jetzt verhandelten Fall auf ein positiver gestimmtes Gericht. Man verstand es als Signal, dass der Richter den Prozess in zwei Abschnitte teilte. Und damit bestimmte Anträge der Kläger-Anwälte zunächst zurückwies. Die Frage, ob Monsanto Risiken bewusst verschwiegen und die Öffentlichkeit getäuscht hat, wurde erst einmal ausgeklammert.

Vor diesem Hintergrund stimmte es Bayer umso hoffnungsfroher, dass es sich um einen „Bellwether-Prozess“ handelt. Dessen Ergebnisse sind für andere Gerichte zwar nicht bindend, geben aber durchaus eine Richtung vor. Nun droht aus dem Leithammel – das deutsche Wort für Bellwether – ein für Bayer bedrohliches Tier zu werden. Können sich doch nach dem Zwischenergebnis in dem Prozess neben den jetzt schon 11.200 Klägern weitere ermutigt fühlen, gegen Bayer in die juristische Schlacht zu ziehen. Und deren Ausgang ist gerade in den USA unberechenbar.

Noch ist freilich nichts entschieden. Doch Bayers gebetsmühlenhaftes Wiederholen des Arguments, dass doch mehr als 800 Studien bewiesen hätten, dass der Unkrautvernichter bei richtiger Anwendung keinen Krebs verursache, hilft kaum weiter. Ebenso wenig wie das Relativieren der Einschätzung der Internationalen Agentur für Krebsforschung. Diese hatte Glyphosat 2015 als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft.

Nun droht sich ein Risiko zu verwirklichen, das Bayer bei der Übernahme von Monsanto entweder nicht gesehen oder aber nicht ernst genommen hat. Noch im Geschäftsbericht 2017 war zwar davon die Rede, dass durch Übernahme des US-Saatgut- und Herbizid-Riesen mit dem schlechten Image „die Reputation von Bayer geschädigt und als Konsequenz Geschäft und Ertragslage negativ beeinflusst werden“ könnte. Die Prozessrisiken durch die Klagen in Sachen Glyphosat wurden damals aber gar nicht erwähnt.

Diese potenziell milliardenschweren Risiken hat man sich mit der Übernahme von Monsanto mit eingekauft. Bayer-Chef Werner Baumann muss nach außen Zuversicht zeigen. Doch heimlich fühlt er sich vielleicht doch so wie ein Autokäufer, der einen Wagen mit kaputtem Motor angedreht bekommen hat. Nur, dass die Sache hier noch viel folgenschwerer werden kann. Nein, längst ist, wie der Wertverfall der Aktie zeigt.

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