Gedankenspiele um griechischen Euro-Austritt: Gescholten, gefährlich und faszinierend

Minister schockiert vor wichtiger Griechenland-Abstimmung.

Widersprüchlich ist das schon. Am Montag wird der Bundestag mit klarer Mehrheit das zweite Hilfspaket für Griechenland absegnen. Würde man die Bevölkerung fragen, fiele die Entscheidung anders aus.

Wobei nicht behauptet werden soll, dass direkte Demokratie grundsätzlich zu den weiseren Entscheidungen führt. Doch klar ist: Die Stimmung in Sachen Griechenland-Hilfe ist extrem schlecht, zumal vor der Freigabe des zweiten Pakets Finanzminister Schäuble schon laut über ein drittes nachgedacht hat.

Viele Bürger fürchten, der Geldfluss in Richtung Hellas könnte, statt zu versiegen, sogar anschwellen und halb Europa mitreißen.

Die Abstimmung wird eindeutig sein, da auch die Mehrheit der Opposition mitzieht. Spannend sein wird lediglich, wie geschlossen die Abgeordneten der Koalition hinter der Regierung stehen. Denn Abweichler wie etwa Wolfgang Bosbach haben politisches Gewicht und durchaus Freunde.

Sehr bemerkenswert ist, dass mit Innenminister Hans-Peter Friedrich erstmals ein Mitglied der Bundesregierung Griechenland den Austritt aus der Eurozone nahelegt.

Seine viel gescholtene Äußerung — ausgerechnet kurz vor der wichtigen Abstimmung — kann man nicht als bayrische Folklore abtun, auch nicht als kleine Provokation der Schwesterpartei CDU oder auch der SPD.

Friedrich traut sich, das auszusprechen, was die Mehrheit der Bevölkerung denkt — und insgeheim auch viele Mandatsträger gutheißen.

Die Diskussion über einen freiwilligen Austritt Griechenlands wird intensiver werden. Die Idee, das Sorgenkind Griechenland in der Eurozone loszuwerden, ihm aber durch Starthilfe eine Perspektive zu geben, klingt für viele faszinierend.

Dank einer schwachen Drachme wären dessen Waren weltweit günstig, die Nachfrage stiege. Auch Urlauber würden wegen der Schnäppchenpreise wieder begeistert gen Süden ziehen.

Die Gefahr dabei ist der drohende Domino-Effekt, wenn andere Staaten sich ebenfalls verabschieden. Falls es bei einer moderaten Verkleinerung der Euro-Zone bliebe, wäre das eventuell beherrschbar und sogar positiv. Es könnte aber auch zum Euro-Ende führen. Das wäre ein Desaster — vor allem für die Wirtschaftsmacht Deutschland.

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