Meinung : Fahrverbote helfen nicht, nur eine Verkehrswende
Meinung Fahrverbote in Städten bringen nichts stellten Experten fest. Ob die Verwaltungsgerichte in diesem Land angesichts dieses Votums weiter an Fahrverboten festhalten, ist zumindest sehr zweifelhaft
Im Januar war die Aufregung groß. Eine kleine Gruppe von 107 Lungenärzten erklärte die Grenzwerte für Stickoxide und Feinstaub für unsinnig und schien damit der ganzen Debatte um schlechte Luft und Fahrverbote den Boden zu entziehen. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer sprang sofort auf den Zug auf und lobte die neuen „Fakten“. Das hätte der forsche CSU-Mann besser gelassen, denn die Lungenärzte hatten mit falschen Zahlen hantiert.
Solche handwerklichen Fehler unterlaufen der Wissenschaftsakademie Leopoldina vermutlich nicht. Die Experten aus zwölf Fachgebieten haben am Dienstag ihre Stellungnahme zur Luftreinhaltung in Deutschland vorgelegt. Ergebnis: Fahrverbote in Städten bringen nichts, weil sie zu kleinteilig sind und die Belastung der Luft mit Schadstoffen nicht nachhaltig senken. Ob die Verwaltungsgerichte in diesem Land angesichts dieses Votums weiter an Fahrverboten festhalten, ist zumindest sehr zweifelhaft
Als Rechtfertigung für das Nichtstun der Politik taugt die Studie aber nicht. Ganz im Gegenteil: Die Wissenschaftler mahnen eine grundlegende Verkehrswende an, wollen die individuelle Mobilität zurückdrängen. Sie fordern Dinge, die insbesondere Scheuer verhindern will: Höhere Kraftstoffpreise, höhere Steuern und Abgaben für Autos und den viel stärkeren Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel. Sowohl Stickoxide als auch Feinstaub seien für die Gesundheit ein ernstes Problem. Sie können nach Einschätzung der Wissenschaftler Atemwegserkrankungen auslösen, Feinstaub zudem Herz-Kreislaufprobleme, Diabetes oder auch Lungenkrebs verursachen. Am Grenzwert für Stickoxide sollte festgehalten, der Grenzwert für Feinstaub sogar noch verschärft werden.