Meinung Welches Europa wollen wir?

Meinung · Beim Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Regierungschefs der Visegrad-Staaten in Bratislava geht es nicht um den Austausch von Nettigkeiten. Zu groß sind die Meinungsverschiedenheiten bei zentralen politischen Fragen.

 Kommentar Rolf Eckers

Kommentar Rolf Eckers

Foto: Sergej Lepke

Zum Beispiel im Energiebereich: Ist es in Ordnung, wenn noch mehr russisches Erdgas durch die Ostsee direkt von Russland nach Deutschland strömt? Merkel sieht das so. Die Länder in Osteuropa sind dagegen, sie verlieren Transitgebühren und Einfluss. Hinzu kommt die Sorge vor einer zu großen Abhängigkeit von russischem Erdgas. Die EU-Kommission will eine weitere Leitung durch die Ostsee (Nord Stream 2) verhindern, weil sie fürchtet, dass Russland Europa erpressen könnte. Dass Paris sich in dieser Frage neuerdings gegen Berlin stellt, macht die Sache nicht einfacher.

Ähnlich schwierig sieht es beim Umgang mit Migranten aus. Die Visegrad-Länder Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn verfolgen eine harte Linie in der Flüchtlingspolitik und lehnen eine Verteilung von Asylbewerbern innerhalb der EU ab. Merkel kämpft seit Jahren vergeblich für eine andere Position. Sollte die Zahl der Migranten erneut wachsen, bricht der Konflikt wieder auf.

Ende Mai finden Europawahlen statt. Nur Angst davor zu haben, dass Parteien mit dem Thema Nationalismus Erfolge feiern, reicht nicht. Wir müssen darüber reden, welches Europa wir wollen? Mehr Macht für Brüssel oder weniger? Diese Frage ist hierzulande nie wirklich diskutiert worden. Gegenüber den USA und China kann Europa nur bestehen, wenn es mit einer Stimme spricht. Mehrheitsentscheidungen sollten deshalb auch in strittigen Fragen der Normalfall sein. Funktionieren kann das aber nur, wenn sich alle daran halten. Wer die Regeln missachtet, muss die Gemeinschaft verlassen. Aber gibt es in der EU-Ländern eine Mehrheit dafür, die nationale Souveränität in zentralen Fragen wie Energie und Flüchtlinge aufzugeben?

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