Meinung Europa muss beginnen, von Israel zu lernen

Als Bundesinnenminister Thomas de Maizière nach den November-Anschlägen von Paris und dem abgesagten Länderspiel Deutschland-Niederlande eine Auskunft zur Gefährdungslage mit der Begründung verweigerte, ein Teil seiner Antworten könne die Bevölkerung verunsichern, wurde er von Bürgern und Medien ausgelacht.

Meinung: Europa muss beginnen, von Israel zu lernen
Foto: Schwartz, Anna (as)

Wesentlich mehr geschah leider nicht. Das war in mehrfacher Hinsicht leichtfertig.

Mit den Anschlägen von Brüssel, die natürlich nicht nur Belgien, sondern der gesamten EU gegolten haben dürften, ist der Terror wieder ein Stück näher an Deutschland herangerückt. Und wieder sind viele Fragen offen. Und die Antworten auf diese Fragen — unter anderem nach dem Versagen mindestens belgischer, wahrscheinlich aber auch französischer und mutmaßlich weiterer europäischer Geheimdienst- und Sicherheitskräfte — werden das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung ganz sicher nicht erhöhen.

Die Binsenweisheit, eine hundertprozentige Sicherheit könne es in einer offenen Gesellschaft nie geben, wird zur faulen Ausrede, wenn sie verdeckt, dass sehr wohl mehr für die Sicherung der Freiheit in Europa getan werden könnte. Es ist kein Zufall, dass in einer europäischen Hauptstadt Einrichtungen wie Flughäfen und U-Bahn-Stationen angegriffen werden können, während man Vergleichbares aus Israel nicht hört. Und das liegt etwa nicht daran, dass die Feinde Israels sich nicht Tag für Tag an Anschlägen und Morden versuchen würden. Selbstverständlich tun sie das. Nur hat die einzige westliche Demokratie im Nahen Osten eine Wachsamkeits- und Verteidigungskultur entwickelt, die ihre Bürger vergleichsweise wirksam schützt. Das setzt freilich voraus, dass man die permanente Bedrohung durch Terrorismus als Realität akzeptiert — und sich nicht zur Vermeidung von Unsicherheitsgefühlen wegduckt.

Die reale Terrorgefahr in Europa wird nicht sinken, und sie wird dauerhaft auch keinen Bogen um Deutschland machen. Die Freiheit gerät nicht in Gefahr, wenn es vor Bahnhöfen, Flughäfen und Einkaufszentren zum Schutze aller mal eine unangekündigte Taschenkontrolle gibt, und die Auswahl der Kontrollierten politisch unkorrekt erfolgt. Die Freiheit gerät in Gefahr, wenn wir uns aufgrund mangelnder Kontrolle nicht mehr trauen, uns unbefangen auf Bahnhöfen, an Flughäfen und in Einkaufszentren zu bewegen.

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