Euro ohne Griechenland — warum nicht?

Ausstieg eines Landes ist jetzt erstmals eine ernsthafte Option

Einst hatten Reiselustige mehrere Geldbörsen oder horteten zumindest zu Hause französische Franken und holländische Gulden. Aus heutiger Sicht fühlt sich diese Vor-Euro-Epoche bereits etwas verklärt an: Fremde Scheine und Münzen gaben dem Grenzübertritt einen Hauch von Abenteuer, und beim gnädig gerundeten Wechselkurs-Rechnen konnte man sich einreden, dass der Wein in der Provence und die Muscheln in Holland Schnäppchen waren.

Als 1999 der Euro rechnerisch kam, aber vor allem als man 2002 die neue Währung in Händen hielt, war Schluss mit der Romantik. Wir nahmen wie selbstverständlich die praktischen Vorteile der Einheitswährung an. Um so irritierender ist es, dass diese jetzt ernsthaft in Gefahr gerät.

Wenn Ifo-Chef Sinn recht behält, wird zumindest Griechenland bald zur alten Währung zurückkehren. Dann könnte Portugal folgen, weitere Kandidaten im Norden und Süden Europas fallen einem ein. Nicht zuletzt wegen des Versteckspiels und der seltsamen Dementis angesichts des Treffens der europäischen Finanzminister in der Nacht zum Samstag erscheint erstmals der Ausstieg einzelner Mitglieder aus dem Euro realistisch. Was eine gewaltige Belastung für Europa wäre.

Andererseits könnte es im Fall Griechenlands tatsächlich das kleinere Übel bedeuten. Es wäre ja auch nicht das Ende des Euro. Aber zumindest wären alle bestätigt, die schon immer vor einer zu raschen und zu großflächigen Ausweitung der Euro-Zone gewarnt haben.

Die Folgen einer Rückkehr Griechenlands zur Drachme sind kaum abzuschätzen. Wohl sicher ist, dass es das Ende der — von Anlegern vor der Währungsumstellung gestürmten — dortigen Banken bedeutet. Unruhen im Land und erhebliche Belastungen für den Rest Europas eingeschlossen. Aber es wäre immerhin ein Ende — allerdings mit Schrecken.

Das Festhalten am Euro könnte langfristig noch grausamer werden: Denn extreme Sparprogramme, Zinssenkungen, Aufschub von Rückzahlungen oder gar ein großzügiger Schuldenerlass wären für die Griechen keine Allheilmittel — und für den Rest Europas und dessen Steuerzahler zumeist sehr teuer. Insofern könnte der lange nicht für möglich gehaltene Ausstieg Griechenlands tatsächlich bald vollzogen werden — und sinnvoll sein.

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