Meinung : Erdogans Machtpoker im Fall Khashoggi
Meinung Der türkische Präsident Erdogan ist ein Meister im Polit-Poker. Das hat er schon während der fortdauernden Auseinandersetzung mit der Bundesregierung über in der Türkei inhaftierte Deutsche und bei den umstrittenen Wahlkampfauftritten seiner Regierungsmitglieder hierzulande bewiesen.
Im Fall des ermordeten Journalisten Khashoggi zeigt Erdogan erneut, wie sehr er Politik auch als eiskaltes Spiel versteht.
Es ist die Eine-Million-Dollar-Frage: Hat Erdogan noch weitere Beweise im Köcher, die klar aufzeigen, was genau mit Khashoggi im saudi-arabischen Konsulat in Istanbul passiert ist? Belege also, die die ohnehin abstrus anmutende Erklärung der Saudis, Khashoggi sei sozusagen aus Versehen bei einem Kampf ums Leben gekommen, eindeutig widerlegen? Oder hat er sie nicht? Seine groß angekündigte Erklärung am Dienstag beinhaltete jedenfalls nichts über das hinausgehend, was schon seit Tagen bekannt ist oder gemutmaßt wird. Dass eine solche Tat von langer Hand geplant gewesen sei, wie Erdogan mitteilte, durfte man auch vorher schon annehmen.
Erdogan will den Druck auf Riad möglichst lange aufrechterhalten. Darum geht es dem Präsidenten. Deswegen spielt er das Spiel weiter und legt nichts Konkretes auf den Tisch. Er, der bekanntlich nicht gerade zimperlich im Umgang mit Journalisten im eigenen Land ist, nutzt die Gunst der Stunde, um sich auch international als Aufklärer in diesem weltweit beachteten Fall zu produzieren. Das wiederum soll ihm neues Prestige bringen und helfen, das schlechte Verhältnis zum Westen, insbesondere zu den USA, wieder etwas zu verbessern.