Meinung Engpässe an den Unis: Wo der Ball liegt, ist klar

Meinung · Unis melden Über-Auslastung und teils 30 Bewerbungen auf einen Studienplatz – das NRW-Wissenschaftsministerium sieht indes kein Problem. Immerhin: Zusätzliches Geld ab 2021 ist in Sicht.

 Juliane Kinast

Juliane Kinast

Foto: Judith Michaelis

Die chronischen Kapazitätsengpässe an den Hochschulen Nordrhein-Westfalens angesichts einer steigenden Zahl junger Menschen pro Jahrgang, die dorthin drängen, zu beschreiben, ist nicht einfach. Denn die Unis nehmen an Studenten eben auf, wie viele sie verkraften – wie das Beispiel Wuppertal zeigt, auch durchaus etliche mehr. Wo die abgewiesenen Bewerber indes bleiben, weiß man nicht. Schon das ist schlecht. Denn ein Problem, das nicht genau zu beschreiben ist, ist auch nicht zu lösen. Bei den Bewerbern um Ausbildungsplätze wird Jahr für Jahr berichtet, wie viele leer ausgehen – und diese Zahl taugt, Druck auf Wirtschaft und Politik aufzubauen. Bei den Studienplatz-Suchenden: Fehlanzeige.

So muss man sich anderer Zahlen bedienen und Beispiele herausgreifen, wie die Gewerkschaft GEW es mit dem akuten Lehrermangel tut. In diesem Jahr, rechnet Geschäftsführer Michael Schulte vor, wollte NRW 10 000 Lehrer einstellen. 5700 Stellen seien tatsächlich besetzt worden – Seiten- und Quereinsteiger sogar mit eingerechnet. Ergo: Es werden nicht ausreichend Lehrer ausgebildet. Allein an den Gymnasien ergäbe sich überdies 2026 ein Mehrbedarf von 2200 Stellen durch die Umstellung von G8 auf G9  – Lehrkräfte, die jetzt ins Studium müssten.

Das Wissenschaftsministerium hingegen nutzt ganz andere Zahlen, nämlich jene der von den Hochschulen beantragten Zulassungsbeschränkungen. Und die sei sowohl im Bachelor und Staatsexamen als auch im Master rückläufig. Ein Zeichen für die „Normalisierung der Lage im Vergleich zum Jahr des doppelten Abiturjahrganges (2013/2014)“, glaubt man dort. Eine vermeintlich schlechte Betreuungsrelationspiegele sich nicht wider.

So richtig ernst kann man es dort mit dem Wegreden von Kapazitätsproblemen zumindest in Mangelberufen allerdings nicht meinen. Saß doch Ministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen selbst Ende November mit dem Wuppertaler Uni-Rektor Lambert T. Koch im Landtag auf dem Podium, als er erklärte, die NRW-Unis hätten die Studienplätze für Grundschullehramt im vergangenen Jahr bereits um 300 auf nunmehr 2300 aufgestockt – mit mehr Geld und mehr Personal sei ein weiterer Zuwachs im vierstelligen Bereich durchaus machbar.

In wessen Hälfte der Ball liegt, ist also keine Frage. Und dass die Ministerin große Vorfreude auf die 3,8 bis 4,1 Milliarden Euro zum Ausdruck brachte, die ab 2021 jährlich durch den von Bund und Ländern geschlossenen „Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken“ an die Hochschulen fließen sollen, zeigt: Die Not der Unis, insbesondere für ausreichend fair bezahltes und unbefristet angestelltes Personal zu sorgen, ist ihr durchaus bewusst.

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