Meinung Enge Grenzen für Rechte des Arbeitgebers Kirche

Meinung · Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hat ein gutes Urteil gefällt. Nach jahrelangem Streit hat ein geschiedener katholischer Chefarzt, der erneut geheiratet hatte, Recht bekommen. Seine fristlose Kündigung ist unzulässig.

 Rolf Eckers

Rolf Eckers

Foto: Sergej Lepke

Das Urteil scheint deswegen so selbstverständlich, weil der Arbeitgeber des Arztes, ein katholisches Krankenhaus in Düsseldorf, mit zweierlei Maß gemessen hat. Bei Kollegen des Arztes, die anderen Kirchen angehören oder konfessionslos sind, führte eine zweite Ehe nicht zur Kündigung. Von Gleichbehandlung also keine Spur.

So einfach, wie es scheint, ist die Sache aber nicht. 2014 stärkte das Bundesverfassungsgericht die Sonderrechte des Arbeitgebers Kirche und hob ein erstes Urteil des Bundesarbeitsgerichtes gegen die Kündigung des Arztes auf. Der Europäische Gerichtshof entschied dann komplett anders: Die Kündigung könne eine „verbotene Diskriminierung wegen der Religion darstellen“. Mit dem EU-Gericht im Rücken haben die Richter in Erfurt ihr erstes Urteil nun bestätigt.

Dennoch gilt auch künftig: Kirchen sind kein Arbeitgeber wie jeder andere. Sie erfüllen einen speziellen Verkündigungsauftrag. Das ist verfassungsrechtlich geschützt. Deswegen dürfen sie von ihren Mitarbeitern eine besondere Loyalität einfordern. Aber sie dürfen nicht von jedem Arbeitnehmer verlangen, dass er Mitglied ihrer Glaubensgemeinschaft ist. Das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen erfährt mit dem Urteil enge Grenzen. Im Zweifel werden staatliche Gerichte entscheiden, welche Stellen so wichtig sind, dass sie nur von Mitgliedern der Kirche besetzt werden können.

Dass Angehörige des eigenen Glaubens bei Neubesetzungen grundsätzlich zu bevorzugen sind, ist nicht mehr rechtens. Daran werden sich Kirchen und karitative Einrichtungen gewöhnen müssen. Zumal das höchste deutsche Arbeitsgericht im Herbst des vergangenen Jahres diese Richtung bereits vorgegeben hat und den Sonderstatus der Kirchen enger fasste als bisher. Danach dürfen konfessionelle Arbeitgeber bei Stellenausschreibungen von Bewerbern nicht mehr pauschal eine Religionszugehörigkeit verlangen. Das gilt nur noch, wenn das für die konkrete Tätigkeit objektiv geboten ist – wenn es zum Beispiel um religiöse Erziehung geht. Bei Ärzten oder Mitarbeitern in der Verwaltung darf die Religion aber keine Rolle spielen. Und angesichts des Mangels an Pflegekräften hätten die Kirchen keine Chance, wenn sie nur konfessionell gebundene Arbeitnehmer als Bewerber berücksichtigen.

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