EM-Aus und Löws Abschied Für Deutschland wäre bei der EM mehr drin gewesen

Meinung · Das frühe Aus im Achtelfinale offenbart die Schattenseiten der Arbeit des Bundestrainers Jogi Löw - und zeigt, dass Selbstzufriedenheit Erfolg unwahrscheinlicher macht.

 Die Deutschen hätten bei der EM weiter kommen können.

Die Deutschen hätten bei der EM weiter kommen können.

Foto: Christian Charisius/dpa/Christian Charisius

Die deutschen Nationalkicker sind bei dieser paneuropäischen Europameisterschaft völlig unter Wert aufgetreten und unnötig ausgeschieden. Mit einem durchaus hochveranlagten Kader, der aber weitgehend ohne schlüssiges Konzept in die Spiele geschickt wurde und sich das dann auch großzügig anmerken ließ, war trotzdem mehr drin als ein Aus im Achtelfinale. Das ist fast Konsens – und wirft einen Blick auf die Schattenseiten der Arbeit des Bundestrainers Joachim Löw. Der hatte einen rechtzeitigen Abgang vor Jahren verpasst hat und sich stattdessen spürbar ausgebrannt an die Spitze einer bleiernen deutschen Fußball-Zeit gesetzt, die mindestens mit der WM 2018 begann. Wahrscheinlich weit früher.

Was Löw falsch gemacht hat, kann auch weit über den Fußball hinaus zu denken geben: Gestern, als es im großzügig erbauten deutschen EM-Quartier in Herzogenaurach zu einigen letzten Aussagen im Amt kam, sprach Löw nicht über Fachfragen, deren frühzeitigere Antworten ein Aus hätten vielleicht verhindern können, sondern fast nur über sich. Der menschlich über jeden Zweifel erhabene Fußballtrainer Löw war mit sich „im Reinen“. Er nehme viele wertvolle Momente aus den 15 Jahren mit. „Das zählt.“ Aber für wen?

Solch rührseliges Fazit mag persönlich verständlich sein, offenbart aber einen erstaunlichen Egozentrismus, der die Person im Amt viel wichtiger macht als das Amt selbst. Über taktische Analysen und gemachte Fehler konnte Löw keine Auskunft geben, darüber müsse er erst wochenlang sinnieren. Sein persönliches Fazit aber hatte er parat. Dass diese Priorisierung im Deutschen Fußball Bund vorher niemandem aufgefallen oder mindestens niemand da war, der das richtig einschätzen konnte, ist bedauerlich. Es härtet die Erkenntnis, dass niemand in einem solchen Spitzenjob ganz grundsätzlich über so viele Jahre alternativlos walten darf, weil eintretende Abhängigkeiten, Gewohnheiten und auch Selbstzufriedenheit  den Erfolg unwahrscheinlicher machen. Das gilt für den Fußball. Und womöglich ähnlich für die Politik.

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