Ein Kim darf einfach nicht scheitern

Nordkoreas fehlgeschlagener Raketentest schürt neue Ängste

Der Traum vom „Goldenen Zeitalter“, dessen Beginn mit dem 100. Geburtstag von Staatsgründer Kim Il Sung zusammenfallen sollte, ist in 151 Kilometern Höhe geplatzt. Der mit lauten Propaganda-Trommeln begleitete Raketenstart hat sich als Rohrkrepierer entpuppt. Eine Schmach für den jungen Machthaber Kim Jong Un und ein schwerer Rückschlag für das ehrgeizige Ziel der kommunistischen Erbdiktatur, als prosperierendes Land von der Welt wahrgenommen zu werden.

Schadenfreude ist jetzt jedoch fehl am Platze. Denn es wäre naiv anzunehmen, dass mit den im Gelben Meer versunkenen Trümmern die Gefahr einer Eskalation in der Region gebannt ist. Das Gegenteil ist der Fall. Der Rückschlag macht den sowieso in seiner Macht noch instabilen Kim Jong Un unberechenbar. Er ist angeschlagen, nicht zuletzt in den Augen der Militärs, auf deren Wohlwollen er angewiesen ist.

Die Menschen in Nordkorea ertragen Hunger und Unterdrückung seit Jahrzehnten klaglos, weil sie von der Unfehlbarkeit ihrer geliebten und verehrten Herrscher überzeugt sind. Das Wort Scheitern, so haben sie gelernt, kommt im Wortschatz der Kim-Dynastie nicht vor.

Deshalb ist die Gefahr groß, dass der Enkel nun versuchen wird, mögliche Zweifel an seiner Person im Keim zu ersticken. Nichts käme ihm da besser gelegen, als ein neuer Test mit nuklearen Sprengwaffen. Dabei dürfte Nordkorea keine Rücksicht nehmen auf den jüngst erst begonnenen Annäherungskurs an den Westen. Einem Diktator, der sich einen Raketenstart so viel kosten lässt wie die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung für ein ganzes Jahr, ist mit Argumenten und weiteren Sanktionen nicht beizukommen.

Deshalb erweist sich der UN-Sicherheitsrat einmal mehr als zahnloser Tiger. Was auch daran liegt, dass China und Russland stets ihre schützende Hand über das stalinistische Regime halten. Deswegen wird Nordkorea sein Atomprogramm nicht aufgeben. Stattdessen droht ein neues Wettrüsten in Nordostasien. Die Staatengemeinschaft wird vermutlich erst aufwachen, wenn Nordkorea tatsächlich irgendwann ein Trägersystem entwickelt hat, das atomare Sprengköpfe bis in die USA trägt. Doch dann wäre die Ausgangslage für den Westen eine denkbar schlechte.

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