Fahrverbote Diesel-Fahrverbote: Politikversagen in Dauerschleife

Meinung | Düsseldorf · Die Politiker in Deutschland haben sich lange Zeit nicht für die Stickoxid-Grenzwerte interessiert, gegenüber der Autoindustrie haben sie nun keine Handhabe mehr. Die einzig sinnvolle Lösung will die Politik allerdings noch nicht akzeptieren - ein Kommentar.

Schilder an einer Straße weisen auf geplante Fahrverbote für ältere Dieselfahrzeuge hin.

Schilder an einer Straße weisen auf geplante Fahrverbote für ältere Dieselfahrzeuge hin.

Foto: dpa/Christoph Schmidt

Jetzt ist es passiert: Erstmals hat ein deutsches Verwaltungsgericht Diesel-Fahrverbote für eine Autobahn angeordnet. Und zwar für eine, die zu den wichtigsten Verkehrsverbindungen des Ruhrgebiets gehört. Legen Richter jetzt die Mobilität in Deutschland lahm, entziehen sie der Wirtschaft ihre Grundlage?

Bevor wir den Untergang des Industriestandortes Deutschland beklagen, ist es hilfreich, an die rechtliche Grundlage dieses Urteils zu erinnern. 40 Mikrogramm Stickoxid pro Kubikmeter Luft dürfen in der EU seit 2010 nicht überschritten werden. Alle wussten das, nur hat sich niemand daran gehalten. Insbesondere hat die Politik es versäumt, der Autoindustrie entsprechende Abgasvorschriften zu machen. Fast alle Diesel-Pkw, die jetzt als Dreckschleudern von Fahrverboten bedroht sind, haben gültige Zulassungen. Mit anderen Worten: Die Politik propagiert saubere Luft, interessiert sich aber nicht für die notwendigen Rahmenbedingungen.

Die Stickoxid-Grenzwerte werden seit neun Jahren nicht eingehalten. Dass Verwaltungsrichter angesichts dieser langen Zeit und der nachgewiesenen Gesundheitsgefahr drastische Maßnahmen wie Fahrverbote anordnen, leuchtet ein. Nicht einleuchtend ist dagegen einmal mehr das Verhalten der Politik. Wenn die Autos nicht sauberer werden, erhöht die Bundesregierung eben die Grenzwerte. In Städten mit Höchstwerten von bis zu 50 Mikrogramm soll es keine Fahrverbote geben. Erstens dürfte diese willkürliche Anhebung des Grenzwertes mit EU-Recht nicht vereinbar sein. Und zweitens ist die Ignoranz der Regierung gegenüber dem Recht der Anwohner und Fußgänger in den Städten auf halbwegs saubere Luft unerträglich.

Alle wissen, dass effiziente Systeme zur Nachrüstung der Dieselmotoren verfügbar sind. Das würde schnell helfen und allen Gerichtsurteilen zu Fahrverboten die Grundlage entziehen. Das Problem der Politik: Sie kann die Autoindustrie nicht zwingen, diese Milliarden zu bezahlen, weil die meisten Autos legal auf den Straßen unterwegs sind. Verursacher des Problems sind jene Bundesregierungen, die die laschen Abgasvorschriften erlaubt haben. Und wenn die Politik versagt, muss der Steuerzahler bluten.

Noch traut sich die Groko nicht, das zuzugeben. Aber am Ende wird eine aus Bundesmitteln finanzierte Nachrüstung der einzige Weg sein, um Fahrverbote zu verhindern. Nichts spricht dafür, dass die Verschiebung des Grenzwertes nach oben vor den Gerichten Bestand haben wird. Und auch der Versuch von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU), ständig auf der angeblichen Unverhältnismäßigkeit von Fahrverboten herumzureiten, löst das Problem nicht. Wenn etwas unverhältnismäßig ist, dann das Verhalten der Politik mit dem Diesel-Problem.

Rolf Eckers

Rolf Eckers

Foto: Sergej Lepke
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