Kommentar Die Umweltspur ist ein notwendiger Versuch

Meinung · Die Stadt Düsseldorf will und muss mit ihren Umweltspuren vor allem eins: Zeit gewinnen.

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Foto: dpa/Federico Gambarini

Zunächst, um das drohende Diesel-Fahrverbot zu verhindern, indem dem Oberverwaltungsgericht in Münster signalisiert wird: Wir tun etwas, wir versuchen buchstäblich alles. Denn es sind zeitlich befristete Versuche, die zudem vorzeitig beendet werden können, wenn das von Kritikern schon jetzt beschworene Verkehrschaos am südlichen Einfallstor der Landeshauptstadt tatsächlich ausbricht. Bei den beiden ersten Umweltspuren wurden übrigens auch schon Riesenstaus vorhergesagt, sie sind aber nicht gekommen, wobei zuzugeben ist, dass die nun beschlossene dritte Spur von der A46 quer durch die Innenstadt in der Tat eine ganz andere Nummer ist. Und doch ist es notwendig, diesen Versuch nun zu wagen. Kurzfristig umsetzbare Alternativen jedenfalls hat niemand vorlegen können.

Es darf freilich nicht nur darum gehen, ein Diesel-Fahrverbot etwa auf der Corneliusstraße abzuwenden. Es muss – nicht nur in Düsseldorf, sondern überall – darum gehen, Schritt für Schritt den Autoverkehr zu reduzieren. Nicht mit Schikane, aber mit Anreizen, das  Auto öfter mal stehen zu lassen. Denn noch werden alle Appelle an die Vernunft angesichts ständig steigender Pkw-Zulassungszahlen und Autofahrten ignoriert. Gewiss: Für viele Pendler ist es nicht nur unbequem, sondern schwierig bis unmöglich, auf das Auto zu verzichten. Aber muss man sich deshalb immer weiter jeden Tag und alleine in seinen Wagen setzen und zur Arbeit fahren? Nein, so kann es nicht weitergehen. Und so muss es auch nicht weitergehen. Die Wirtschaftsverbände und Kammern, die jetzt so vehement gegen die Düsseldorfer Umweltspur wettern, sollten lieber ihren Mitgliedsunternehmen eindringlich ans Herz legen, viel mehr Fahrgemeinschaften zu organisieren und endlich mehr Home-Office-Arbeit zu ermöglichen. Es ist schlicht verrückt, dass sich angesichts der wachsenden digitalen Möglichkeiten immer noch komplette Belegschaften jeden Tag durch den Stau ins Büro quälen.  Schon ein Tag Heimarbeit könnte Autofahrten um bis zu 20 Prozent reduzieren. Würden die Menschen zudem noch auf einen Teil der  nicht wirklich erforderlichen Privatfahrten mit dem Auto verzichten, hätte man über Umweltspuren oder Fahrverbote gar nicht nachdenken müssen.

Dass flankierend natürlich das ÖPNV-Angebot massiv erweitert und verbessert werden muss, ist eine Selbstverständlichkeit. In Deutschland aber leider auch eine Utopie, wie die chronisch kümmerlichen Investitionen in die Infrastruktur für Bus und Bahn zeigen.

 Alexander Schulte

Alexander Schulte

Foto: Sergej Lepke
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