Meinung Die SPD wiederholt ihre alten Fehler

Meinung · Die SPD wird nicht nur für das schlechte Erscheinungsbild der Groko abgestraft – das weitgehend Horst Seehofer zu verantworten hat.

 Versprach, dass diesmal die SPD in der großen Koalition alles besser machen würde, Parteivorsitzende Andrea Nahles.

Versprach, dass diesmal die SPD in der großen Koalition alles besser machen würde, Parteivorsitzende Andrea Nahles.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Das Versprechen von Andrea Nahles an die zweifelnde SPD-Basis hat gelautet: Diese große Koalition wird anders. Die Geschichte wiederholt sich nicht. Die SPD wird beweisen, dass man sich in einer Regierung mit der Union profilieren kann. Mit einem beinharten Auftreten. Und mit sozialdemokratischen Themen. Sie persönlich garantiere dafür.

Die Geschichte wiederholt sich doch, zum Teil sogar noch schlimmer. Die SPD wird nicht nur für das schlechte Erscheinungsbild der Groko abgestraft – das weitgehend Horst Seehofer zu verantworten hat. Sie begeht auch eigene, schwere Fehler. Beinhart war Nahles’ Agieren im Fall Maaßen zum Beispiel wahrlich nicht.

 Ein Kommentar von Werner Kolhoff.

Ein Kommentar von Werner Kolhoff.

Foto: k r o h n f o t o . d e

Und schlimm war das taktische Versagen, sich den Streit zwischen CDU und CSU um den Verfassungsschutzpräsidenten noch selbst ins Haus zu holen, statt auf die Uneinigkeit der Union zu zeigen. Das freilich hat die SPD-Linke mit ihren „Maaßen-muss-weg“-Forderungen zu verantworten. Wie dieser Flügel ohnehin ein Unruheherd ist, weil er weiterhin ständig den Ausstieg aus der Koalition fordert, obwohl er beim Mitgliederentscheid klar unterlegen war.

Hinzu kommen die alten Ungeschicklichkeiten in einfachen PR-Fragen. Dass Nahles’ harmlose Mitgliedschaft im Bundestags-Pferdeclub ausgerechnet in so angespannter Zeit bekannt wurde, war eher Pech. Aber der Umgang mit der Europa-Spitzenkandidatur von Katarina Barley war es nicht. Zeitpunkt und Art der Verkündigung missrieten dermaßen, dass nicht etwa die Botschaft blieb, die Partei schicke ihre Beste. Sondern: Die Ersten verlassen das sinkende Schiff.

Mittelfristig noch gravierender ist, was sich in der zurückliegenden Woche im Bundestag ereignet hat. Die meisten werden es nicht mitbekommen haben, aber es gab dort wahre sozialdemokratische Festspiele. Mietpreisbremse, das Gute-Kita-Gesetz, die Qualifizierungsoffensive, das Gesetz zur Entlastung der gesetzlich Versicherten, die Brückenteilzeit.

Alle Kernthemen der SPD standen auf der Tagesordnung. Soziale Errungenschaften, die oft mühsam gegen den Koalitionspartner durchgesetzt werden mussten. Zeit für mehr Gerechtigkeit – die SPD setzt ihre Wahlversprechen um. Und keiner hat es gemerkt. Die eigenen Großthemen wurden ausgerechnet in die Zeit direkt nach der Bayern- und vor der Hessenwahl platziert. Als ob man nicht hätte ahnen können, dass diese Urnengänge die Debatten überlagern würden. Jetzt hat die Partei ihr bestes Pulver für diese Legislaturperiode schon wieder verschossen. Vor vier Jahren beim Mindestlohn war es genauso.

Dass der zweite, selbsternannte Garant dafür, Vizekanzler Olaf Scholz, es besser machen würde, wird übrigens niemand behaupten.

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