Die NRW-Wahl und die Rolle der SPD Druckabfall in der Herzkammer

Meinung | Berlin/ NRW · SPD und ihr Kanzlerkandidat müssen Schlüsse aus den NRW-Ergebnissen der Kommunalwahl ziehen. Schönreden hilft nicht.

Die NRW-Wahl und die Rolle der SPD: Druckabfall in der Herzkammer
Foto: k r o h n f o t o . d e

Es wäre verfrüht, wegen des Desasters bei der Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen schon den Stab über die ganze SPD zu brechen. Auch die CDU hat verloren, wenn auch weniger stark. Schon gar nicht lässt sich die Niederlage Olaf Scholz anlasten, der bekanntlich Kanzler und nicht Bürgermeister einer Ruhrpottgemeinde werden will. Aber beide, der Kandidat wie seine Partei, müssen aus der Entwicklung Schlüsse für ihren Bundestagswahlkampf ziehen. Schönreden hilft nicht.

Der erste Rückschluss: Nicht nur in NRW, überall brechen der SPD die alten Milieus weg, die Arbeitnehmerschaft. Die SPD-Linke stürzt sich nun auf Armutsthemen wie Hartz IV. Die Parteirechte wiederum kämpft umso mehr für alte Industrien, von der Kohle bis zum Verbrennungsmotor. Beides ist in ihrer Einseitigkeit falsch. Was wächst, sind neue Berufe, Industrien und Branchen. Dass die Grünen überall hochschießen, nun auch in NRW, liegt daran, dass sie diese Gruppen besser ansprechen – und auch deren Sorgen. Allen voran das Klima, nicht zu unterschätzen aber auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Die SPD schafft es bisher nicht, die Partei der neuen Arbeitnehmerschaft und der jungen Generation zu werden.

Auch der zweite Markenkern der SPD gerät aus der Mode: Ihre Bereitschaft zu Kompromissen, die die Gesellschaft sozial voranbringen, das Wirtschaftliche aber nicht vergessen. Durch die vielen gemeinsamen Regierungsjahre mit der CDU gilt die SPD inzwischen als weichgespült, trotz ihrer erzielten Erfolge wie dem Mindestlohn. Mehr SPD pur, auch mehr Härte in Koalitionen, wäre jetzt angesagt, um Profil zurück zu gewinnen. Die Kernziele der Partei, „gute Arbeit“, „leistungsfähiger Sozialstaat“ und „Chancengerechtigkeit“, müssen wieder erkennbarer werden. Hier wird Olaf Scholz im Wahlprogramm Pflöcke einschlagen müssen. Nicht in erster Linie für sich, denn die Wahrscheinlichkeit, dass er Kanzler wird, ist gering. Wohl aber für seine Partei, die erst am Ende ist, wenn sie auch noch ihr Selbstbewusstsein verloren hat.

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