Meinung Die Grundsteuer wird es nicht allen recht machen

Meinung · Als die Verfassungsrichter im April 2018 kritisierten, die Berechnung der Grundsteuer entferne sich immer weiter von den realen Verhältnissen, waren Bund und Länder schon seit Jahren an einer überfälligen Reform gescheitert.

 Ekkehard Rüger

Ekkehard Rüger

Foto: ja/Sergej Lepke

Und aktuell steht zu befürchten, dass auch die Fristen, die das Gericht der Politik gesetzt hat, nicht dazu dienen, die Dinge zum Besseren zu wenden. Denn die Grundsteuer geht zwar praktisch alle an. Aber schon der Volksmund weiß: Allen recht machen kann man es nicht.

Fast jeder Interessenvertreter, der sich derzeit zur Grundsteuer äußert, führt zwar bei seinen Vorschlägen das Wort Gerechtigkeit im Mund. Aber es wundert nicht, dass Mieter etwas anderes darunter verstehen als Immobilienbesitzer. Ist es gerecht, dass eine Steuer, die auf Eigentum erhoben wird, am Ende meist von den Mietern bezahlt wird, weil sie nach jetzigem Recht umgelegt werden darf? Und wäre es gerecht, bei der Grundsteuer außer Acht zu lassen, ob sich das Grundstück in städtischer Toplage befindet oder dort, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen?

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) tendiert nach aktuellem Stand dazu, beide Fragen mit Nein zu beantworten. Aber bei bundesweit 35 Millionen Grundstücken und Gebäuden wäre ein wertabhängiges Modell mit einem gigantischen behördlichen Erfassungsaufwand verbunden. Am Ende müssten Bewohner in den Ballungszentren voraussichtlich mit zum Teil massiv höheren Beiträgen rechnen, Menschen in strukturschwachen Regionen könnten auf Entlastung hoffen. Aber wäre das wirklich gerecht?

Zumal in diesem Fall der schwarze Peter bei den Kommunen läge. Denn ist die Bemessungsgrundlage einmal ermittelt, können die Städte und Gemeinden über ihre örtlichen Hebesätze die tatsächliche Belastung ihrer Einwohner steuern. Ergibt die Grundsteuerreform kommunale Mindereinnahmen, sind Anhebungen der Hebesätze wahrscheinlich. Aber wären auch alle Kommunen, bei denen Mehreinnahmen winken, wirklich bereit, ihre Hebesätze zu senken, wie es die kommunalen  Spitzenverbände versprechen?

Wie man es dreht und wendet, mit der Grundsteuer lässt sich politisch kein Blumentopf gewinnen, aber schnell Empörung ernten. Kein Wunder, dass die völlig überholte derzeitige Regelung mit Richtwerten aus den Jahren 1935 (für Ostdeutschland) und 1964 (für Westdeutschland) immer nur mit spitzen Fingern angefasst wurde.

Am Ende wird es mit Sicherheit keine Lösung geben, die von allen Seiten als gerecht empfunden wird. Sicher scheint derzeit bestenfalls, dass die Verlierer der Reform wiederum den Rechtsweg einschlagen werden.

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