Meinung Die digitale Welt knackt das Kooperationsverbot im Bildungssystem

Meinung · Der Digitalpakt eine gute Nachricht für die Schüler und Lehrer im Land. Mit der Verständigung der großen Koalition mit Grünen und FDP auf eine Grundgesetzänderung ist endlich das Kooperationsverbot geknackt.

 Ekkehard Rüger

Ekkehard Rüger

Foto: ja/Sergej Lepke

Die Kulturhoheit der Länder in Bildungsfragen leichtfertig als verstaubten Anachronismus abzutun, ist geschichtsvergessen. Es gab nach den Erfahrungen einer staatlich gelenkten NS-Indoktrination gute Gründe, das Bildungssystem im Grundgesetz föderal zu verankern und so unempfindlicher zu machen gegen zentrale Allmachtsfantasien. Aber auf die globale Herausforderung der Digitalisierung im Schulwesen dann noch nicht einmal national, sondern auch künftig nur im Klein-Klein der Länder reagieren zu können, wäre dann doch föderaler Autismus. Insofern ist der Digitalpakt eine gute Nachricht für die Schüler und Lehrer im Land.

Er ist dabei mehr als das Versprechen moderner Unterrichtsmöglichkeiten mit Laptops, WLAN und Whiteboards. Mit der Verständigung der großen Koalition mit Grünen und FDP auf eine Grundgesetzänderung ist endlich das Kooperationsverbot geknackt, über das seit Jahren so leidenschaftlich gestritten wird. Dabei ist es selbst noch gar nicht so alt, sondern ein Kind der Föderalismusreform von 2006. Sie sollte Bundes- und Landesaufgaben entflechten. Im Ergebnis durfte der Bund bei den Hochschulen nur noch zeitlich befristete Projekte unterstützen und hatte bei den Schulen bis auf den internationalen Bildungsvergleichs-Wahn überhaupt nichts mehr zu melden.

Eine wagemutige Idee, die in der Folge alle bundespolitischen Forderungen nach mehr Investitionen in den Bildungsbereich zu einer besonders absurden Variante nutzloser Scheingefechte degradierte. Aber so vernichtend das Urteil über die einmal beschlossene Scheidung von Bund und Ländern in der Folge auch ausfiel, wenn es ans Eingemachte ging, konnten sich beide Seiten nicht auf einen gemeinsam akzeptierten Weg verständigen. Auch eine erste Lockerung vor vier Jahren kam wieder nur den Hochschulen zugute.

Der Digitalpakt, wenn er nun auch wirklich die angekündigte Grundgesetzänderung bewirkt, wäre in der Hinsicht für die Schulen gleich ein doppelter Durchbruch: Das Geld aus Berlin könnte nicht nur in die Ausstattung fließen, sondern auch in Weiterbildung und Personal. Doch schon fühlen sich manche Länder wie Bayern und Baden-Württemberg wieder auf den föderalen Schlips getreten. Sie wollen den Bund da nicht mitmischen lassen.

Dabei geht es doch überhaupt nicht darum, die Länder auf ganzer Linie ihrer Kulturhoheit in Bildungsfragen zu berauben. Sondern um dringend notwendige Qualitätsverbesserungen, die mit finanzieller Unterstützung des Bundes besser und schneller zu realisieren sind als ohne. Das deckt sich übrigens mit der Bedeutungs des Wortes Föderalismus: Zusammenarbeit in Eigenständigkeit.

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