Die Bundeswehr ist keine Melkkuh

Die Bundeswehr ist auf dem Weg in eine neue Zielbestimmung. Guttenberg geht dabei Konflikten nicht aus dem Weg.

Das muss man dem Verteidigungsminister schon lassen: Karl-Theodor zu Guttenberg - so sehr er in der öffentlichen Wahrnehmung als smarter Superstar rüberkommt - geht Konflikten nicht aus dem Weg. Die Studie von Frank-Jürgen Weise liefert ihm die Unterfütterung für ein gigantisches Personalabbau- und Rationalisierungsprogramm.

Die Bundeswehr ist auf dem Weg in eine neue Zielbestimmung. Dabei geht es Weise, der seine Erfahrung mit der Mammut-Arbeitsagentur in Nürnberg hat und den Apparat vom Kopf auf die Füße gestellt hat, um ein Ziel: Bei den Kommissionsvorschlägen nicht den Eindruck zu erwecken, dass er buchhalterisch Einsparpotenzial für den Not leidenden Bundesetat suchte. Die Bundeswehr ist keine Melkkuh für Sparprogramme, sondern eine demokratisch hoch respektierte Einrichtung.

Deswegen wies Weise wohl einen Mittelweg bei der Truppenstärke. Mit einem Bestand von 180 000 ist das Kernziel der Kommission gut erreichbar: die erhebliche Steigerung der Effizienz bei den Verwaltungs- und militärischen Abläufen. Es kann nicht wahr sein, dass sich die Materialbeschaffung nicht in Wochenfrist realisieren lässt, sondern teilweise in Jahren. Gegen die Modernisierung und Straffung der militärischen Entscheidungsabläufe kann es keinen vernünftigen Einwand geben.

Die Aussetzung (tatsächlich ist es wohl die Abschaffung) der Wehrpflicht zählt dazu. Zu viele Auslandseinsätze mögen der Bundeswehr und dem Land erspart bleiben. Aber auch im Zusammenhang mit der auf zwei Jahre befristeten UN-Sicherheitsratsmitgliedschaft wird sich die Bundesregierung mit immer weiteren Forderungen nach Beteiligung von deutschen Soldaten an UN-Missionen auseinandersetzen müssen.

Wie auch immer - zu Guttenberg hat schwere Zeiten vor sich: Er muss sich der unpopulären Debatte um die unausweichlichen Kasernenschließungen stellen, sich mit Abgeordnetenprotest befassen. Kasernen gibt es in jedem Wahlkreis. Gemessen an diesen grundsätzlichen Fragen verliert die Debatte um die Ministeriumssitzfrage akut an Bedeutung. Gesetze gelten - und das ist Guttenbergs Problem. Denn es ist wenig realistisch, eine Mehrheit zur Revision des Bonn/Berlin-Gesetzes zu organisieren.

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