Deutschlands schwierige Rolle in Europa

Die Kritik an der Bundesregierung nimmt peinliche Züge an.

Die Situation ist geeignet, längst zugeschüttete Gräben wieder aufzureißen. Und das wäre denn auch das Schlimmste, was in der Schuldenkrise in Europa noch geschehen könnte.

In Italien wetzen interessierte Kreise verbal ihre Messer, um auf Deutschland loszugehen. In Frankreich verhehlt der Präsident nicht, dass er mit dem deutschen Weg aus der Krise so gut wie nichts anzufangen weiß. Aus Zypern, Griechenland und sogar aus Luxemburg kommen Äußerungen, die nach Opfer klingen, nicht nach Partner.

Europa reitet auf einer Rasierklinge, und es scheint, als hielte allein Deutschland die Zügel in der Hand. Doch der Schein trügt.

Es stimmt zwar, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel keine Gelegenheit auslässt, die hoch verschuldeten Staaten zum Sparen und zu einschneidenden Reformen aufzufordern. Doch das macht die deutsche Regierungschefin nicht als vermeintliche Herrscherin über Europa, sondern gewissermaßen als Abgesandte des Zahlmeisters in der EU.

So wie Deutschland von der Europäischen Union in den vergangenen Jahrzehnten mit am stärksten profitiert hat, so sehr muss es auch bezahlen, wenn das Projekt scheitert. Darauf hinzuweisen ist nicht nur das Recht der Bundeskanzlerin, es ist auch ihre Pflicht. Vor allem die Banken in Deutschland, die mit Milliardensummen in den Krisenstaaten engagiert sind, und deren Tausende von Beschäftigten werden es ihr danken.

Dass die Berlusconis und Hollandes im derzeit wirtschaftlich abgehängten Teil der EU das als Bevormundung empfinden, ist Teil des politischen Spiels und geschieht schon aus Furcht vor dem eigenen Wahlvolk. Falsch werden die Forderungen aus Deutschland damit aber nicht.

Und es sind auch keine deutschen Forderungen. In der Finanzkrise werden Entscheidungen der EU im Einklang von Zentralbank, Internationalem Währungsfonds und der EU-Kommission getroffen. Sie sind keine Entscheidungen Einzelner.

Wenn die EU ihre schwerste Krise übersteht, muss sie entscheiden, was sie in Zukunft sein will. Politische Harmoniesoße kann sie nicht bleiben. Es gibt keinen Staatenbund, von dem alle nur profitieren, ohne etwas dafür leisten zu müssen. An diesem Missverständnis droht die europäische Idee nun zu scheitern.

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