Deutschland hat die Rolle eines Verlierers

Libyen war der Testfall für die schwarz-gelbe Außenpolitik

Im Nachhinein ist man stets klüger. Das wird sich Kanzlerin Angela Merkel sagen, wenn sie an die unselige Enthaltung Deutschlands im UN-Sicherheitsrat zurückdenkt. Auch Verteidigungsminister Thomas de Maizière würde der Nato aus heutiger Sicht sicherlich nicht noch einmal Kurzsichtigkeit vorwerfen, nur weil der Einsatz in Libyen phasenweise keine substanziellen Fortschritte brachte. Fest steht: Die Geschichte des arabischen Frühlings, die in Tunesien ihren Anfang nahm, ist mit dem Ende der Ära Gaddafi um ein Kapitel reicher. Darin nimmt Deutschland die Rolle eines Verlierers ein. Libyen war der Testfall für die schwarz-gelbe Außenpolitik, und er ist grandios gescheitert.

Die Nato hat mit ihrem Eingreifen fraglos zum Sturz des Tyrannen beigetragen und weiteres Blutvergießen unter der Zivilbevölkerung verhindert. Was auch nicht außer Acht gelassen werden darf: Das Bündnis verlor zum Glück nicht einen einzigen Soldaten. Deutschland aber, das das Risiko nicht mittragen wollte, hat seine Glaubwürdigkeit als Streiter für Demokratie und Menschenrechte verspielt. Mit der Konsequenz, dass die Bundesrepublik an Bedeutung verliert. Hinzu kommt: Die neue weltpolitische Stimme Europas ist Frankreich, das mit den USA und Großbritannien auch wirtschaftlich vom Sieg über Gaddafi profitieren wird.

Zu beneiden ist die Staatengemeinschaft dennoch nicht. Denn sie steht in der Pflicht, das Land von der Diktatur in eine Demokratie zu begleiten, die — das ist absehbar — nicht westlichen Maßstäben entsprechen wird. Eine große Verantwortung, denn irakische Verhältnisse am Mittelmeer wären für Europa eine unkalkulierbare Bedrohung.

Und Deutschland? Diplomatisch will es keine weiteren Fehler machen. Der Ruf von Nato und EU nach einem Engagement in Libyen wird nicht lange auf sich warten lassen. Der Außenminister stellt bereits Hilfe beim wirtschaftlichen Wiederaufbau und der Planung demokratischer Wahlen in Aussicht. Wenn er aber glaubt, diese Entwicklungshilfe „Made in Germany“ sei weniger riskant als die Teilnahme an Militäraktionen, dürfte er eines Besseren belehrt werden. Mit seinen verfeindeten Stämmen und fehlenden Strukturen ist Libyen ein Pulverfass. Und Deutsche sind dann mittendrin.

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