Deutsch-Russische Beziehungen: Das Poltern war gestern

Die deutsch-russischen Beziehungen werden immer besser.

Diese Mischung kann tatsächlich zukunftsweisend für die deutsch-russischen Beziehungen werden: Menschenrechte und Milliardenverträge. Gewiss hätte man sich unter politisch-moralischen Gesichtspunkten den Ruf von Bundeskanzlerin Angela Merkel nach Einhaltung der Bürgerechte lautstärker vorstellen können - gerade weil sich am Tag der deutsch-russischen Regierungskonsultationen die Verschleppung und Ermordung der Menschenrechtsaktivistin Nataljia Estemirowa zum ersten Mal jährt. Aber der Einsatz für bürgerliche Freiheiten wird nicht immer durch Lautstärke effizienter.

Rund um Russland hat sich in den vergangenen Jahren viel verändert. Aus der kalten Konfrontation der Bush-Putin-Ära ist eine geschmeidige Partnerschaft geworden, die einiges aushält - neuerdings auch filmreife Agentenaustausche. Russland hat unter Präsident Dmitri Medwedew viel vom ehemals polternden Tonfall verloren; auch Ministerpräsident Wladimir Putin bemüht sich um eine konstruktive Wahrnehmung der Rolle seines Landes. Die großen Sorgen, die es im Westen wegen des Erpressungspotenzials gab, das in russischen Gaslieferungen liegt, schwinden mit jedem weiteren Anbieter auf dem Energiemarkt.

Ungeachtet der Unterdrückung der Menschenrechte, der Gängelung der Medien und der Unrechtsurteile aus der russischen Justiz: In die deutsch-russischen Beziehungen ist - 20 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung - Bewegung gekommen. Die bisherige tiefe Dankbarkeit Berlins für die Rolle des Kreml wird ersetzt durch das Bemühen, aus dem bisher praktizierten Nebeneinander eine neue Qualität des Miteinanders zu verwirklichen. Wie immer sind der Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen und die deutschen Investitionen in den russischen Wachstumsmarkt dafür ein wichtiger Hebel.

Aber er darf auch nicht zu einer Verkehrung politischer Prioritäten führen und die Kreml-Herrscher in Sicherheit wiegen: Dieses Land ist bekannt und gefürchtet für seine so autokratischen wie Demokratie-fernen Strukturen. Russland steht immer unter besonderer internationaler Beobachtung. Aber es ist ein erkennbar angesehener und angenehmerer politischer Partner als früher.

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