Der Sinn von Alleingängen

Auf den ersten Blick könnten die Alleingänge, die beide Koalitionspartner der NRW-Regierung da unternehmen, die Opposition frohlocken lassen. Die Grünen preschen ohne Rücksprache mit einem Nein zur Kapazitätserweiterung des Düsseldorfer Flughafens vor und machen sich für die Reduzierung von Flugbewegungen stark.

Auch der SPD-Wirtschaftsminister, der das ganz anders sieht, nimmt bei einem anderen Thema, der Industriepolitik, keine Rücksprache mit den Grünen. Er bespricht seine Ideen lieber direkt mit den Unternehmen. Und dann schiebt er auch noch nach, dass er „nichts mehr bedauert“ als die Tatsache, dass er bei den Koalitionsverhandlungen 2012 nicht mit dabei war — die Ministerpräsidentin holte Duin bekanntlich erst später ins Boot. Sonst, so will er sagen, wäre schon damals ein stärkeres Signal in Richtung Industrie und Wirtschaft gegangen.

Ein Minister, der das eigene Regierungsprogramm kritisiert, zwei Partner, die nicht miteinander reden, bevor sie mit ihren Ideen an die Öffentlichkeit gehen — wie gesagt, auf den ersten Blick ist das ein gefundenes Fressen für die politischen Gegner. Doch so einfach ist es nicht. Denn die Regierungspartner werden durch ihre Alleingänge gerade nicht geschwächt.

Im Gegenteil: Ein Jahr vor der Landtagswahl wird es langsam Zeit, dass sich auch Rot und Grün dem Wähler mit einem jeweils eigenen Profil präsentieren. Dass dies bei den Grünen eine Reduzierung des Flugverkehrs ist, kommt nicht überraschend und entspricht geradezu einer Erwartungshaltung ihrer Wähler. Und ein Wirtschaftsminister der SPD, der die Unternehmen aktiv anspricht, fördert und mit seiner Charme-Offensive auch noch Erfolge haben könnte, dürfte weder der CDU noch der FDP in den Kram passen, in deren Kompetenzbereich er damit wildert. Der Wahlkampf hat längst begonnen. Und dass sich da auch die Regierungspartner nicht immer liebhaben können, ist nur natürlich.

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