Meinung Der Preis der Pleite

Preistreiberei? Da waschen die Top-Manager der Lufthansa ihre Hände in Unschuld. Der Konzern muss die Preise für Tickets auch gar nicht aktiv teurer machen. Das erledigen der Markt und das vollautomatische Buchungssystem des Konzerns ganz von selbst.

Meinung: Der Preis der Pleite
Foto: Sergej Lepke

„Die Verfügbarkeit ist geringer geworden, dadurch ist die Nachfrage auch in oberen Buchungsklassen gestiegen“, formulierte es Lufthansa-Sprecher Andreas Bartels gegenüber dem „Spiegel“ — und umschreibt damit blumig, was gerade passiert: Die Marktwirtschaft schlägt gnadenlos zu, zulasten der Kunden. Ist das Angebot knapp, steigen die Preise. Wenn also nach der Pleite von Air Berlin aktuell 110 000 Sitzplätze auf innerdeutschen Flügen pro Woche wegfallen, so kann das nicht ohne Folgen bleiben.

Das war absehbar und geschah mit Unterstützung der jetzt geschäftsführenden Bundesregierung. Das abgekartete Spiel beim Verkauf der Air-Berlin-Teile zeigt seine Wirkung. Und zwar dauerhaft. Fliegen im Inland wird in Zukunft teurer sein — auch wenn LufthansaChef Carsten Spohr verspricht, dass ab Januar 1000 zusätzliche Flüge pro Monat angeboten werden. Jedenfalls dann, wenn die EU-Wettbewerbshüter grü- nes Licht für die Übernahme der 81 Air-Berlin-Flugzeuge geben.

Natürlich könnte die Lufthansa bereits jetzt bei ihren Buchungssystemen nachjustieren und mehr günstigere Tickets anbieten. Doch warum auf Profite verzichten, wenn der Airline angesichts ihrer Marktposition auf den deutschen Strecken kaum ein ernsthafter Konkurrent in die Suppe spucken kann?

Viele Kunden werden sich in Zukunft möglicherweise überlegen, ob sie innerhalb Deutschlands fliegen — oder ob sie nicht doch den Zug nehmen. Manche Firmen werden prüfen, ob eine Dienstreise mit dem Flugzeug wirklich notwendig ist. Damit würde zwar zumindest die Umwelt gewinnen. Doch hinterlässt der Fall Air Berlin/Lufthansa, so wie er abgewickelt worden ist, einen sehr bitteren Nachgeschmack.

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